Sonntag, 4. November 2012

30. Oktober, Menedek, Die tanzende Säge und der rasende Teufel!

Die tanzende Säge und der rasende Teufel!


Am Dienstag Morgen war die Nacht um 5 Uhr wieder zu ende. Der Jetlag nagte noch immer an meinem zeitlichen Empfinden und der Blaseninnendruck erreichte kurz vor Fünf den kritischen Punkt. So das ich meinen schlaftrunkenden Körper in die Senkrechte brachte, die Treppe des Grauens vorsichtig, beinahe schwebend hinunter balancierte um nur nicht so viel Gewicht auf die blanken Sohlen zu bringen, auf das ich die kleinen fiesen Holzsplitterchen nicht aufwecken möge, die sich ansonsten mit vergnügen in meine Fußsohlen bohren würden. Geschafft, ohne einen merkbaren Schaden hatte ich mich ins Badezimmer vorgekämpft und meine noch zitternden, schweißnassen Hände berührten grade den Knauf der rechten Toilette als eine mahnende Stimme in meinem Kopf mir riet doch lieber das linke Klo zu benutzen und es solle mein Schaden nicht sein, ließ ich die rechte Tür geschlossen und wählte stattdessen Tor II um mich in das Unvermeidliche zu fügen. Nun fühlte ich mich befreit, meine Neugier hatte wieder Raum und gewann wieder die Oberhand. Was war das noch gleich, ich sollte die nicht das rechte WC benutzen? Aber warum und wer riet mir das vorhin? Ich beschloss die Fragestunde im Kopf zu beenden und machte mich am rechten Türknauf zu schaffen um die ewig klemmende Tür mit einem Ruck zu öffnen als ich auch schon mit dem Drehknauf in der Hand, der sich offensichtlich und ich muss bemerken in äußerst hinterhältiger Weise, gelöst hatte und ich mit samt Knauf auf die schönen braunen Kacheln herniederging. Rums! Ha, Glück gehabt, zwei bis zum bersten gefüllte Wäschekörbe mit Schmutzwäsche warteten hier sehnsüchtig auf das jüngste Gericht der Waschmaschine und in diese fiel ich nun mit Schmackes! Wieder auf den Beinen sah ich dann wovor mich die Stimme in meinem Kopf offensichtlich gewarnt hatte. Die komplette Toilette war geflutet mit wohlriechendem, wohltemperiertem Wasser! Na das wäre ne schöne Schweinerei geworden verpennt wie ich war hier flinken Fußes reinzulatschen und es hätte dem frühen Tag eine mit Garantie lautstarke und eher unerfreuliche Wendung gegeben.
Stattdessen stellte ich mit heiterem Gemüt den Wasserzulauf ab und schwebte dem Frühstücksgemach entgegen. Danke liebe Stimme in meinem Kopf!
Wieder in Gedanken und meinem Gefühl folgend holte ich leise meinen Freund den Laptop aus dem Schlafgemach und postierte ihn im Frühstückszimmer mitten auf dem Tisch, machte mir eine Tasse Chai und erreichte dank der frühen Stunde, dank Skype und Internet, die Liebste am Anderen Ende der Welt zum Abend! Sehr schöner Tagesbeginn!

Dann ward Eile geboten, den Rucksack gepackt, die Stiefel geschnürt und raus in die klare Kälte hin zum Bus nach Petro, der uns nach Menedek bringen sollte wo wir die nächsten Tage im Wald verbringen und unsere Winterhütte bauen wollten.
Ungläubig und erst nach wiederholtem Nachfragen, ob wir sicher seien und genau hier in der Dunkelheit, vor dieser Brücke, im Nichts aussteigen wollten, entließ und der Busfahrer unter Kopfschütteln und rollte davon.
Wir stapften durch den Schnee bis zu der kleinen Hütte im Museumsdorf Menedek das hier im verschneiten Wald, zwischen den weißen Bergen wie im Märchen lag. Stille breitete sich aus nur unterbrochen durch das stete Rauschendes des Anavgajflusses. Abgefahren, und ich wieder live dabei!
Micha hatte es sich bereits auf dem Boden der Hütte auf ein paar Rentierfellen gemütlich gemacht und hielt ein Nickerchen bis es draußen Hell wurde. Ich erkundete die Gegend und fand auch bald den Platz den Micha für unsere Winterhütte ausgesucht hatte uns schon eine ordentlich Grube ausgegraben hatte! Alle Achtung, der Mann hatte sich in den letzten Wochen einen Meter tief, mit fast vier Meter Durchmesser in die mit Steinen und Felsbrocken durchsetzte Erde von Menedek gegraben. Tolle Leistung, das zeugt von hoher Motivation Leute.
Als ich eine Kuhle in den Schnee gebuddelt hatte, Holz gesammelt hatte und ein kleines Feuer in Gang gebracht hatte, hängte ich unseren kleinen Tchainik( Teekessel) über die rauchende noch Flamme, als plötzlich drei Hunde auf mich zugesprungen kamen und mich freudig begrüßten und Olga ein paar Minuten später am Weg zum Vorschein kam. Sie erzählte uns das heute Touristen kommen würden und es voll werden würde. Super, so konnten wir noch ein Paar Dinge wegen der Hütte mit Lilja & Nicolai ( die graue Eminenz von Menedek könnte man sagen) besprechen und bräuchten nicht noch mal 5 km nach Anavgaj ins Dorf hinein zu laufen. Bald bullerte der Ofen in der Hütte es wurde Tee und Essen gekocht und die 6 Menschen ewenisch-korjakischer Herkunft sprangen lebhaft in der kleine Hütte umher. Statt an unserer Hütte zu bauen wurden wir erstmal zu Teetrinken, dann Schneeschaufeln, wieder Teetrinken, wieder schneeschaufeln und Mittagessen mit den Gästen verdonnert, so das wir uns erst gegen 14 Uhr loseisen konnten und mit vorbereitenden den Arbeiten zum Bau unserer Hütte beginnen konnten.
Aber wir konnten alles so machen wie wir wollten, und es war zu unserem erstaunen wiedermal kein Problem irgendetwas im Wald zu bauen und Bäume oder ähnliches Naturmaterial aus der Natur nehmen zu dürfen. In Deutschland sind wir es gewöhnt wegen alles und jedem Fragen zu müssen was wir wo aufstellen möchten, auch wenn es eine kleine Laubhütte ist, hier guckt man uns mit großen Augen an und sagt klar dürft ihr das, kein Problem, ihr wisst wie ihr mit der Motorsäge Bäume sägt oder? Und man drückt uns die Säge in die Hand mit dem Satz, hier schaut mal ob sie geht und uns lässt uns machen. Totaler Luxus, wie ich finde und unglaublich befreiend!
Also los geht’s, wir stellen uns noch kurz den Pflanzen und Tierleuten hier am Platz vor, sagen ihnen was wir vorhaben und das wir auf ihre Zustimmung hoffen, bedanken uns bei ihnen das sie da sind und die Natur mit uns teilen, dann tanzt lustig und munter die Säge und die ersten Birkenleute fallen. Nach 6 Bäumen ist bereits Schluss, die Sägekette war zu locker und ist jetzt abgesprungen, auch nach Nachfragen kein Schraubenschlüssel weit und breit, Feierabend mit motorgestüzten Baumfällarbeiten, auch das ist wieder Russland!
Ich und Micha beschließen jeder noch ein paar Bäume mit nach guter alter Art mit der Axt zu fällen und zu entasten, dann bekommt keiner mehr den Arm hoch und wir machen uns auf zum Feierabendtee in die Hütte und zum Bus zurück nach Esso, denn wir müssen noch Benzin und Öl kaufen und einen 13er Schraubenschlüssel besorgen!
An der Straße stehend und auf den Bus wartend versuchen wir unser Glück beim Trampen und werden auch nach ner Halben Stunde mitgenommen. Ick sage euch Leute, nach dieser halben Stunde Fahrt in der Micha uns ich unabhängig von einander, und ich halte mich nicht für einen ängstlichen Autofahrer, an der Tankstelle von Esso völlig steif vom festkrallen an den Autositzen und mit Schweiß auf der Stirn aussteigen, uns um den Hals fallen und dem Schöpfer danken das wir heil angekommen sind, beschließen wir vorerst nicht mehr zu Trampen. Der Fahrer war zwar offensichtlich Taxifahrer aber fuhr wie der Teufel in einem Affenzahn über die völlig glatte Piste nach Esso wobei ihm öfter das Heck wegzurutschen schien was ihn aber nicht störte! Unglaublich!

Dankbar und seelig schliefen Micha und ich dann bei einer schönen Hörspielfolge Offenbarung 23 ein!


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