Lazy
Sunday...Esso rockt!
Den Sonntag
ließen wir gemächlich angehen, so wurde mal wieder schön
ausgeschlafen und für mich hieß es dann Yoga am Morgen vertreibt
Kummer und Sorgen!
Alles
fühlte sich richtig an, es war eine gute Entscheidung einen Deal mit
meinem Schweinehund gemacht zuhaben der lieber nur rumhängen wollte,
doch jetzt ganz davon beeindruckt schien, wie toll man sich jetzt
nach ein wenig Körperübung fühlte. Und dann war schönes rumhängen
in der Basa angesagt, ich habe es geschafft mich der Tageslicht
erfüllten Hälfte des Tages zu verweigern und blieb die meiste Zeit
im Bett. Naja, ich pilgerte eher im Rhythmus meiner Bedürfnissen
zwischen Bett und Küchencouch hin und her. Essen, lesen,
schlafen...usw. Waren heute die Maxime des Tages. Den Programmpunkt
körperliche Ertüchtigung hatte ich ja gleich am Morgen vollbracht,
gab es keinen Anlass für mich das Haus zu verlassen obwohl meine
Mitvolontäre vieles Aufuhren um zu einer Tageslicht gestützten
Außenaktivität zu motivieren. Nix da, Ben bleibt bis heute Abend
daheim! Heute Abend war nämlich noch kuren im örtlichen Bassin
angesagt, trotz der 14C° miese, schön im warmen Thermalwasser der
örtlichen heißen Quellen, unter den Sternen Kamtschatkas im Wasser
abhängen, quatschen, in den Nebelschwaden träumen bis man rot wie
ein Krebs und aufgeweicht wie ne Wasserleiche daran erinnert wird das
der Mensch kein dauerhafter Wasserbewohner ist und Haut statt
Schuppen besitzt. Augenscheinlich um 50 Jahre gealtert versucht man
sich dann so schnell wie möglich mit möglichst wenig Bodenkontakt
abzutrocknen und anzuziehen, dick einzupacken und dann fix in die
wohlige Wärme der Basa zu gelangen, wo man sich dann völlig
erschöpft auf der Bettstadt zu einem 30 Minuten Schläfchen fallen
lässt. Herrlich!
So hätte
eigentlich ein wunderschöner sanft dahinplätschernder Sonntag in
winterlichen Kurort Esso zu ende gehen können, wenn wir nicht auf
Kamtschatka im fernen Osten wären! Hier kommts immer noch ein wenig
anders und das manchmal im Stundentakt.
Michas
Handy klingelt, ich höre nur“ oh super Konzert, wo? Aha, Dom
Kultura, live Mucke mit zwei Bands, die machen Rockmukke, super wir
sind dabei, Wann? Alles klar, bis um halb Acht dann!“
Dann, „Ey
Ben wir müssen ufstehn, es ist Konzert im Dom Kultura mit 2 Bands
die Rockmukke machen und dit uffn Sonntag hier in Esso, da müssen
wir hin!“ Also wurde sich fix angezogen und wir trollten uns hin
zum Dom Kultura ( Vielleicht wisst ihr ja noch, das örtliche
Kulturhaus!), dem Ort wo wir immer wieder von neuem mit dem
reichhaltigen Kulturleben Essos Bekanntschaft machen dürfen. Es ist
hier ja auch ein Lernaufenthalt und so nehmen wir natürlich jede
sich nur bietende Gelegenheit war um uns mit den großen kulturellen
Errungenschaften des sowjetischen Brudervolkes bekannt zu machen und
vielleicht auch eine Kleinigkeit mit zu uns nach hause in die kleine
DDR zu nehmen zu können. Denn wie wir ja einige von Euch, meist die
Angehörigen des älteren Semesters, noch wissen dürften, heißt ja
eine alte Weisheit: „Vom Russen lernen heißt siegen lernen!“
Somit waren
wir gespannt wie die Flitzebögen auf ein Feuerwerk der russischen
Rockmusik, im sitzen! :-)
Als wir den
Saal betraten, bot sich uns allerdings ein Bild das uns an der
Richtigkeit der uns erreichten Information oder an unserer
Pünktlichkeit zweifeln ließ, fast alle kinosesselartigen
Sitzgelegenheiten waren a) fast vollständig besetzt und b) der
Altersdurchschnitt betrug an diesem Abend durchschnittlich 10,5 Jahre
bis auf wenige Ausnahmen zu denen auch definitiv wir zählten. Waren
wir etwa in die sonntägliche Kindervorstellung geraten und würde in
wenigen Minuten Kasperle und die Hexe Babajaga im noch hinter den
Vorhängen verborgenen russischen Puppentheater erscheinen? Nein
anscheinend nicht, denn von den hinteren Rängen winkte uns schon
Dima, eine neue russische Bekanntschaft von uns Volontären, zu und
bedeutete uns zu ihm herüber zu kommen, denn er hatte uns noch
Plätze freigehalten. Sehr schön. Nach kurzer Vorstellungsrunde
erfuhr ich das Dima Schulpsychologe hier in Esso sei und durch den
Deutschunterricht bei Rebecca an uns Volontäre geraten war.
Jetzt
konnte ich auch ein Schlagzeug auf der Bühne und mehrere Gitarren
und Verstärker erkennen, was wohl zu bedeuten hatte das wir
offensichtlich doch auf einer Art Konzert befanden und die Chancen
auf rockige Klänge in unseren Ohren gar nicht mal so schlecht
standen, oder aber hier wurde experimentelles Kinderpuppentheater mit
Schlagzeug, und E- Gitarrenbegleitung dargeboten. Beides, so befand
ich konnte nur interessant werden und somit warteten wir ungeduldig
auf den Beginn!
Der folgte
sofort, und zwei junge Erwachsene, eine Dame und ein Herr, in hippen
Outfit betraten die Bühne mit Mikrophonen und gaben sich nach einer
kurzen Begrüßung, die von begeistertem Kindergekreische begleitet
wurde, als die Moderatoren des heutigen Abends zu erkennen und das
sie uns durch den heutigen Abend führen würden. Wie bitte,
Moderatoren auf nem Rockkonzert? Nach der Information das rauchen
schädlich wäre und der Nachfrage an das meist Minderjährigen
Publikum, wer hier dann alles rauchen würde, meldeten sich ein paar
vorwitzige 6 Jährige, die den Tenor der Sache anscheinend nicht
korrekt erfasst hatten und nun glaubten ihr Handzeichen würde hier
etwas cooles bedeuten denn viele Ältere meldeten sich schüchtern.
Weit gefehlt, leider ernteten sie nur großes Gelächter und mahnende
Worte von der Bühne! Die nächsten 20 Minuten durften wir uns einen
mit tragischer Musik unterlegten Videoclip ansehen der von den
berühmten Drogentoten der letzten 60 Jahre kündete und alle
Jugendlichen vor dem Gebrauch von Drogen warnte. Aha, jetzt dämmerte
es mir langsam, wir waren also anscheinend auf einer
Jugendbildungsveranstaltung des russischen Gesundheitsministeriums
gelandet und das hier war so eine Art Präventions Jugendabend mit
Livemusik wie es vielleicht auch in den 70er und 80er Jahren bei uns
in der DDR hätte gewesen sein können! Sehr unterhaltsam, und
spätestens jetzt verließen die Reste der angetrunkenen Dorfjugend
Essos panisch den Saal!
Die
Folgenden Musik und Tanzgruppen, eine aus Milkovo, zwei aus
Petropavlovsk waren sagen wir mal sehr sehr unterhaltsam! Und nach
1,5 Stunden, also um 20 Uhr kamtschattischer Ortszeit war der Saal
nach der Verabschiedung der beiden Moderatoren in Windeseile
leergefegt und wir auf dem Nachhauseweg! Auch noch eine interessante
Beobachtung meinerseits das hier die Menschen nach Konzerten Blitz
schnell aufstanden und verschwunden waren und 10 Minuten nach Konzert
ende nichts mehr daran erinnerte das der Saal jemals gefüllt war.
Hier zu lande ist es offensichtlich nicht üblich so wie bei uns noch
einige Zeit nach dem Konzertende beisammen zu stehen und zu plaudern,
was bei uns jedes mal von neuem ein Gefühl der Befremdung hervorruft
und wir überlegen welches der Grund für die plötzlich Flucht sei.
Wieder Fragen über Fragen und somit kehren wir äußerst kulturell
bereichert zurück in die Basa.
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