...Nemezkij
Banja!
Wir
hatten uns grade Häuslich eingerichtet, die Zuwege z.B. zum Klo, zum
Fluss/ Wasserstelle, zu den einzelnen Gebäuden und zu den Holzlagern
vom Schnee befreit, da begann es bereits zu dämmern und mit der
Dämmerung kam auch schon die Deutsch - Russische
Vergnügungsgesellschaft auf Antons Schneemobil samt voll besetzter
Narte angeritten, um mit uns gemeinsam ein gemütliches Wochenende in
der Jurte zu verbringen und in die Banja zu gehen. Von den Herren der
Schöpfung wurde ordentlich Holz gehackt und mächtig eingeheizt und
ein paar Minuten später bullerte das alte Ölfass ganz ordentlich
bis es mollig warm war in unserer urigen Jurte. Ich bin immer wieder
überrascht von dem russischen Einfallsreichtum und dem
Improvisationen wenn es darum geht einen Ofen aus den verschiedensten
alten Dingen und Materialien zu zaubern. Diesmal war ich sogar
außerordentlich positiv überrascht,von dem was unsere
Parkmitarbeiter aus dem alten Ölfass zusammengeschweißt hatten. Mit
Verlaub gesagt, wer braucht schon einen überteuerten Bullerjan Ofen
wenn sich aus einem alten, rostigen Ölfass mit einem Schweißgerät
so ein Ofen mit exzellenten Heizwerten zaubern lässt. Niemand, wenn
man einen russischen Zauberer als Freund hat! Wir waren alle hoch auf
begeistert ( Naja, eigentlich nur der männliche Teil der Nemezkij
Fraktion!) ob diesem Wunderwerk der russischen Schweißkunst, nur
eben unsere russischen Freunde nicht, denn die kommentierten unsere
Lobeshymnen nur mit einem schnöden „Normalna“ was so viel wie
wie „Gut“, oder „ist doch ganz normal“ bedeutet.
Es
wurde deftiges gebrutzelt, geschmaust, getrunken und gelacht so wie
es einer, ja was eigentlich...einer korjakisch-ewenischen Jurte
russischer Bauart, eben gebührt und am Ende im letzten Kerzenschein
mystische Geschichten und unheimlich Begebenheiten zu besten gegeben
während, ganz klassisch der Sturmwind über die Jurte fegte.
Hier
drinnen ward ich bei Freunden, fühlte mich sicher und geborgen, wie
ein Fuchs in seinem Bau tief unter unter der Schützenden Erde,
derweilen im Dunkel der Nacht Großvater Wind mit den Schneeleuten
einen wilden Reigen aufführten, an der Türe rüttelten und um den
Kamin tanzten. Zwei - drei Wimpernschläge und anderthalb Herzschläge
später waren wir des Sitzens müde und krochen auf unser Lager aus
Rentierfellen in unsere warmen Schlafsäcke. Bald war die kleine
Raupenkolonie in ihren Kokons unter meiner gute Nacht Geschichte
eingeschlafen und auch ich fiel bald begleitet durch das pfeifen des
Sturms in tiefen Schlaf.
In
der Nacht wurde ich wiederholt durch ein fiesen Quietschen der
Ofentür und durch aufsteigende Hitzewallungen wach, denn dem guten
Anton war kalt und somit legte er in Stundentakt immer wieder Holz
nach was bei mir zu Hitzestau und aufsteigendem Unmut führte. Das
Spektakel endete erst als die gute Rebecca mildtätig und
uneigennützig wie sie war, den armen frierenden Mann unter ihren
Schlafsack holte um ihn mit ihrem heißen Körper zu wärmen!;-) An
dieser Stelle sei dir Rebecca noch mal von ganzem Herzen gedankt, das
du deinen Mitvolontären doch noch eine ruhige Nacht ohne weitere
Unterbrechungen beschert hast und mich ganz persönlich davor bewahrt
hast noch mehr schlechtes Karma anzusammeln. Denn ich muss zu meiner
Schande gestehen war in meinem dämmrigen Halbschlaf bereits dazu
geneigt den Störenfried bei der nächsten Gelegenheit mit dem
Schürhaken in einen Tiefschlaf zu versetzten.
Am
nächsten Morgen strahlte uns die Sonne entgegen und der Himmel war
in ein unglaubliches Blau getaucht das seines Gleichen suchte. Nach
dem Frühstück wurde zur morgendlichen traditionellen Schneewaschung
gebeten, zu welcher nur Drei von uns laut johlend unter den
Impressionen von Ronja Räubertochter, in der Lovis die ganze
verlauste Räuberbande in den Schnee zum waschen treibt, antraten.
Mancher würde diese Erfahrung doch eher als kalt bezeichnen doch ob
der guten Laune, der beeindruckenden Bergkulisse und des strahlenden
Wetters, empfand ich unsere Morgenwäsche mit gefrorenem Wasser eher
als erfrischend und belebend.
Unsere
Tagesbeschäftigungen waren nunmehr wieder Massen an Holz zu spalten,
die Wege von Schnee zu befreien und Trinkwasser vom kleinen Fluss zu
holen. Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Vorbereitungen für
das für den Abend angesetzte Schwitzbad. Für diesen ganz besonderen
Höhepunkt der Schwitzbäderkultur, auf den sich unsere russischen
Freunde schon die ganze Woche freuten und in heller Aufregung waren
wie ein paar Teenies, musste noch Holz in die Banja geschleppt und
viel, viel Wasser herbeigeschafft werden und ein anständiges Feuer
im Ofen geschürt werden. Nun fragt sich er Kenner der russischen
Banjakultur bestimmt schon weshalb nun der russische Teil der
Vergnügungsgesellschaft so in freudiger Erwartung war, ist doch ein
Schwitzbad in der Banja doch vielerorts ein normaler Bestandteil der
russischen Kultur?! Nun sein das Geheimnis der Aufregung
gelüftet...an diesem denkwürdigen Tag würde es eine Nemezkij Banja
geben, in der beide Geschlechter zusammen und auch noch nackt in
einem Raume schwitzten würden! Was für die Anhänger der deutschen
Saunakultur als recht normal zu betrachten ist, war für unsere
russischen Freunde super speziell und sorgte schon weit vor diesem
Tage für Aufregung. Also ein aufregender Tag mit einer speziellen
Energie, so als ob man etwas ein wenig verbotenes tun würde. Und als
das Licht die untergehende Sonne die schönsten Silhouetten über die
verschneite Berglandschaft trieb, das Thermometer wieder gen – 21C°
viel und aus dem nahen Bystrajafluss langsam die Nebel aufstiegen,
bot sich hinter dem Kardon ein viel seltsamer Anblick. Plötzlich war
in der Ferne immer lauter werdendes Hundegebell und laute Rufe zu
hören als ob jemand eine Herde antreiben würde und beim genauen
Blick in die Richtung des Gejohles konnte man in der Dämmerung einen
Hundeschlitten erkennen der sich langsam vom Berg auf den Kardon
zubewegte und schlussendlich vor unseren Toren zum Stehen kam. Zu
unserer noch größeren Verblüffung sprangen da der Pfarrer von
Esso, einer seiner sechs Kinder und unser Freund Dima vom
Hundeschlitten und machten sich daran die Hundemeute auszuspannen,
getrennt an einzeln Pfähle zu binden, ihnen Wasser zu geben. Tja,
wer hätte das wieder erwartet, das uns heute noch solcher Besuch ins
Haus stehen würde. Fix war Chai aufgesetzt und die Gäste in die im
Kerzenschein erstrahlende warme Jurte gebeten, währen der Rest sich
weiter um die Vorbereitungen zur „Nemezkij Banja“ bemühte. Gegen
Acht Uhr war es dann soweit, die Banja und das Wasser heiß, die
Hunde wieder angespannt und der Pfarrer samt Dima und Sohn wieder vom
Hof geritten, und wir im Vorraum der Banja verschwunden um uns mal
wieder richtig durch heizen zu lassen!
Es
wurde ein lustiges, unverkrampftes, Schwitzbad und ein wunderschöner
Abend mit Birkensudaufgüssen, Schneebädern zur Abkühlung, den
traditionellen durchblutungsfördernden Schlägen mit der Birkenrute
und natürlich einem leckeren Essen nach dem Schwitzen! Schön...
Ich
schlief heute Nacht tief und fest, möglichst fern vom Ofen begleitet
vom rhythmischen Nagen unsres neuen Untermieters am Holz, was will
man mehr!
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