Montag, 10. Dezember 2012

30.November - 02.Dezember, Dimschikanski Kardon, ...Nemezkij Banja!










...Nemezkij Banja!

Wir hatten uns grade Häuslich eingerichtet, die Zuwege z.B. zum Klo, zum Fluss/ Wasserstelle, zu den einzelnen Gebäuden und zu den Holzlagern vom Schnee befreit, da begann es bereits zu dämmern und mit der Dämmerung kam auch schon die Deutsch - Russische Vergnügungsgesellschaft auf Antons Schneemobil samt voll besetzter Narte angeritten, um mit uns gemeinsam ein gemütliches Wochenende in der Jurte zu verbringen und in die Banja zu gehen. Von den Herren der Schöpfung wurde ordentlich Holz gehackt und mächtig eingeheizt und ein paar Minuten später bullerte das alte Ölfass ganz ordentlich bis es mollig warm war in unserer urigen Jurte. Ich bin immer wieder überrascht von dem russischen Einfallsreichtum und dem Improvisationen wenn es darum geht einen Ofen aus den verschiedensten alten Dingen und Materialien zu zaubern. Diesmal war ich sogar außerordentlich positiv überrascht,von dem was unsere Parkmitarbeiter aus dem alten Ölfass zusammengeschweißt hatten. Mit Verlaub gesagt, wer braucht schon einen überteuerten Bullerjan Ofen wenn sich aus einem alten, rostigen Ölfass mit einem Schweißgerät so ein Ofen mit exzellenten Heizwerten zaubern lässt. Niemand, wenn man einen russischen Zauberer als Freund hat! Wir waren alle hoch auf begeistert ( Naja, eigentlich nur der männliche Teil der Nemezkij Fraktion!) ob diesem Wunderwerk der russischen Schweißkunst, nur eben unsere russischen Freunde nicht, denn die kommentierten unsere Lobeshymnen nur mit einem schnöden „Normalna“ was so viel wie wie „Gut“, oder „ist doch ganz normal“ bedeutet.
Es wurde deftiges gebrutzelt, geschmaust, getrunken und gelacht so wie es einer, ja was eigentlich...einer korjakisch-ewenischen Jurte russischer Bauart, eben gebührt und am Ende im letzten Kerzenschein mystische Geschichten und unheimlich Begebenheiten zu besten gegeben während, ganz klassisch der Sturmwind über die Jurte fegte.
Hier drinnen ward ich bei Freunden, fühlte mich sicher und geborgen, wie ein Fuchs in seinem Bau tief unter unter der Schützenden Erde, derweilen im Dunkel der Nacht Großvater Wind mit den Schneeleuten einen wilden Reigen aufführten, an der Türe rüttelten und um den Kamin tanzten. Zwei - drei Wimpernschläge und anderthalb Herzschläge später waren wir des Sitzens müde und krochen auf unser Lager aus Rentierfellen in unsere warmen Schlafsäcke. Bald war die kleine Raupenkolonie in ihren Kokons unter meiner gute Nacht Geschichte eingeschlafen und auch ich fiel bald begleitet durch das pfeifen des Sturms in tiefen Schlaf.
In der Nacht wurde ich wiederholt durch ein fiesen Quietschen der Ofentür und durch aufsteigende Hitzewallungen wach, denn dem guten Anton war kalt und somit legte er in Stundentakt immer wieder Holz nach was bei mir zu Hitzestau und aufsteigendem Unmut führte. Das Spektakel endete erst als die gute Rebecca mildtätig und uneigennützig wie sie war, den armen frierenden Mann unter ihren Schlafsack holte um ihn mit ihrem heißen Körper zu wärmen!;-) An dieser Stelle sei dir Rebecca noch mal von ganzem Herzen gedankt, das du deinen Mitvolontären doch noch eine ruhige Nacht ohne weitere Unterbrechungen beschert hast und mich ganz persönlich davor bewahrt hast noch mehr schlechtes Karma anzusammeln. Denn ich muss zu meiner Schande gestehen war in meinem dämmrigen Halbschlaf bereits dazu geneigt den Störenfried bei der nächsten Gelegenheit mit dem Schürhaken in einen Tiefschlaf zu versetzten.
Am nächsten Morgen strahlte uns die Sonne entgegen und der Himmel war in ein unglaubliches Blau getaucht das seines Gleichen suchte. Nach dem Frühstück wurde zur morgendlichen traditionellen Schneewaschung gebeten, zu welcher nur Drei von uns laut johlend unter den Impressionen von Ronja Räubertochter, in der Lovis die ganze verlauste Räuberbande in den Schnee zum waschen treibt, antraten. Mancher würde diese Erfahrung doch eher als kalt bezeichnen doch ob der guten Laune, der beeindruckenden Bergkulisse und des strahlenden Wetters, empfand ich unsere Morgenwäsche mit gefrorenem Wasser eher als erfrischend und belebend.
Unsere Tagesbeschäftigungen waren nunmehr wieder Massen an Holz zu spalten, die Wege von Schnee zu befreien und Trinkwasser vom kleinen Fluss zu holen. Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Vorbereitungen für das für den Abend angesetzte Schwitzbad. Für diesen ganz besonderen Höhepunkt der Schwitzbäderkultur, auf den sich unsere russischen Freunde schon die ganze Woche freuten und in heller Aufregung waren wie ein paar Teenies, musste noch Holz in die Banja geschleppt und viel, viel Wasser herbeigeschafft werden und ein anständiges Feuer im Ofen geschürt werden. Nun fragt sich er Kenner der russischen Banjakultur bestimmt schon weshalb nun der russische Teil der Vergnügungsgesellschaft so in freudiger Erwartung war, ist doch ein Schwitzbad in der Banja doch vielerorts ein normaler Bestandteil der russischen Kultur?! Nun sein das Geheimnis der Aufregung gelüftet...an diesem denkwürdigen Tag würde es eine Nemezkij Banja geben, in der beide Geschlechter zusammen und auch noch nackt in einem Raume schwitzten würden! Was für die Anhänger der deutschen Saunakultur als recht normal zu betrachten ist, war für unsere russischen Freunde super speziell und sorgte schon weit vor diesem Tage für Aufregung. Also ein aufregender Tag mit einer speziellen Energie, so als ob man etwas ein wenig verbotenes tun würde. Und als das Licht die untergehende Sonne die schönsten Silhouetten über die verschneite Berglandschaft trieb, das Thermometer wieder gen – 21C° viel und aus dem nahen Bystrajafluss langsam die Nebel aufstiegen, bot sich hinter dem Kardon ein viel seltsamer Anblick. Plötzlich war in der Ferne immer lauter werdendes Hundegebell und laute Rufe zu hören als ob jemand eine Herde antreiben würde und beim genauen Blick in die Richtung des Gejohles konnte man in der Dämmerung einen Hundeschlitten erkennen der sich langsam vom Berg auf den Kardon zubewegte und schlussendlich vor unseren Toren zum Stehen kam. Zu unserer noch größeren Verblüffung sprangen da der Pfarrer von Esso, einer seiner sechs Kinder und unser Freund Dima vom Hundeschlitten und machten sich daran die Hundemeute auszuspannen, getrennt an einzeln Pfähle zu binden, ihnen Wasser zu geben. Tja, wer hätte das wieder erwartet, das uns heute noch solcher Besuch ins Haus stehen würde. Fix war Chai aufgesetzt und die Gäste in die im Kerzenschein erstrahlende warme Jurte gebeten, währen der Rest sich weiter um die Vorbereitungen zur „Nemezkij Banja“ bemühte. Gegen Acht Uhr war es dann soweit, die Banja und das Wasser heiß, die Hunde wieder angespannt und der Pfarrer samt Dima und Sohn wieder vom Hof geritten, und wir im Vorraum der Banja verschwunden um uns mal wieder richtig durch heizen zu lassen!
Es wurde ein lustiges, unverkrampftes, Schwitzbad und ein wunderschöner Abend mit Birkensudaufgüssen, Schneebädern zur Abkühlung, den traditionellen durchblutungsfördernden Schlägen mit der Birkenrute und natürlich einem leckeren Essen nach dem Schwitzen! Schön...
Ich schlief heute Nacht tief und fest, möglichst fern vom Ofen begleitet vom rhythmischen Nagen unsres neuen Untermieters am Holz, was will man mehr!

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