...schwarzer
Schnee!
Als
wir am Donnerstag von unser spannenden Skitour vom Kardon zurück
kamen, dachte ich jetzt müsse ich mich erstmal von den ganzen
Eindrücken der letzten Tage erholen und ich spürte das es wieder
Zeit braucht um sich alles setzten zu lassen, da erzählte Rebecca
uns das der plosky Tolbatschick ausgebrochen wäre. Genau der 3000m
hohe Kratergipfel den wir im Sommer bestiegen hatten, niemand hatte
hier mit einem Ausbruch gerechnet und es gab kaum Anzeichen dafür.
Lediglich für den Kljutschevskoi, einer der großen Gipfel neben dem
Tolbatschik, war im Sommer eine leicht erhöhte Aktivität
festzustellen gewesen, was aber noch nicht hießt das es in der
nächsten Zeit zu einem Ausbruch kommen würde, so sagte man uns
damals. Aber mit dem Ausbruch des Tobatschik hatte nun wirklich
niemand hier gerechnet. Am 29. November brach also der Eisriese zum
erste mal seit 36 Jahren wieder aus, in einer gewaltigen Explosion,
die eine Staubwolke weit in die Atmosphäre schoss und noch 300 Km
weiter Richtung Osten regnete es am Atlantik Gesteinsbrocken.
Glücklicherweise über dem Atlantik, auf unbewohntem Gebiet, und die
Ortschaft Kosarjevsk am Fuße des Tolbatschik wurde, da sie westlich
des Vulkans liegt, nur mit einer dicken schwarzen Ascheschicht
überzogen. Es war schon ein komisches Bild denn jetzt lag in
Kosarjevsk überall schwarzer Schnee, die Dächer der Häuser waren
schwarz, die Bäume waren schwarz, die Straßen und die Holzstapel
vor den Türen der Häuser waren mit schwarzem Schnee bedeckt und wir
sahen sogar einen schwarzen Hund! ;-) Es war ein wenig unglaubwürdig
und surreal das ganze Szenario was man uns am Donnerstag Abend
schilderte , die ganze vor 1 Jahr neugebaute Leningradskaja Hütte
und der tote Wald, die ganze wunderschöne Landschaft die ich im
Sommer so bewundert hatte und die mich in ihren Bann gezogen hatte
war nicht mehr da, einfach weg, hatte aufgehört zu existieren, war
verbrannt und begraben unter Millionen Tonnen von glühender Lava.
Alles vernichtend wälzte sich der erste Lavastrom am 29. November
Talabwärts und ab 5. Dezember ein Zweiter. Niemand konnte genau
sagen wie lange der Ausbruch dauern sollte, aber den ganzen Tag über
kam es zu erneuten Eruptionen, hatte der Tolbatschick wieder eine
sehr aktive Phase. Nun was denk ihr was wohl jetzt kommen musste? Ich
für meinen Teil war total verblüfft ob der ganzen Geschehnisse und
jetzt setzte man ein drauf!
Am
Abend kam Russlan, ein Inspektor des Naturparks, zu uns in die Basa
und fragte ob wir nicht morgen mit ihnen und einer Delegation aus dem
Nalitschevo Park mit zum Tolbatschick fahren wollten, für 3 von uns
wäre Platz. Wir waren allerdings zu Viert, aber es gab nur Drei
Plätze in Russalns Auto. Micha trat edelerweise zurück und ließ
uns den Vortritt, denn er hatte wohl wichtiges mit Xjuscha zu tun!
;-) Morgen früh um Fünf Uhr in der Frühe sollte es dann also
losgehen, böse Zeit, ganz böse Zeit, aber wer diskutiert schon
lange wenn er solch ein Angebot bekommt und in die Nähe eines frisch
ausgebrochen Vuklkans fahren kann.
Und
ja es war früh, quasi mitten in der Nacht, als mein Wecker
klingelte, es war mir so als ob ich mich erst vor einer Stunde
hingelegt hätte, aber ich war schneller aus dem Bett als ich gedacht
hätte. Unten war schon reger Betrieb es wurden Stullen geschmiert,
Tee gekocht, dann gings auf die Autos und mit Vollgas auf die
kamtschattische Winterpiste! Das liebe Leute, war tatsächlich schon
ein Abenteuer für sich wie der Kleinbus mit Allradantrieb ab und an
auf der vereisten Piste hin und her schlingerte. Aber Russlan ist ein
routinierter Fahrer und somit hatte er auch bald seinen Fahrstil den
eisigen Pistenverhältnissen angepasst und wir rollten die nächsten
drei Stunden bis nach Kosarjevsk recht sicher dahin. Dort wurden
noch zwei Ortskundigen Inspektoren von Kljutschevskoi Naturpark
eingesammelt und dann ging es auf der selben Piste die wir im Sommer
mit dem guten geländegängigen LKW in turbulenter Fahrt bewältigt
hatten. Genau diese Strecke würde wohl das nächste große Abenteuer
werden, dieses Mal war zwar Winter doch mit unserem kleinen
allradbetriebenen Mitsubishi Delicia standen uns trotzdem ein paar
Flussüberquerungen bevor des sich gewaschen hatten und eine Strecke
die wahrscheinlich auch im Winter im Tiefschnee jenseits von gut und
böse war. Aber gut es war ja nicht das erste mal das wir hier auf
Kamtschatka Wege fuhren die in Deutschland sicherlich niemand ohne
einen vollwertigen Geländewagen wenn überhaupt befahren würde. Auf
dem Weg durch die Walachei waren tatsächlich schon eine ordentliche
Fahrspur ausgefahren, das hieß es gab schon ein paar Menschen auf
Jeeps die sich auf den Weg zum feuerspeienden Tolbatschik gemacht
hatten und wahrscheinlich lebendig wiedergekehrt waren. Nun erfuhren
wir auch unser genaues Fahrziel, nämlich sollte es soweit gehen wie
wir eben kamen und das war wie man uns sagte direkt bis an die
Lavazunge heran. Keiner wusste von uns so genau was das nun heißen
würde und wie weit wir wegen den Waldbränden überhaupt herankommen
würden. Nun ging es wieder durch den Busch der dieses Mal nicht grün
war sondern weiß, grau, schwarz war wegen der Ascheschicht die auf
allem lag. Als wir am großen Fluss angelangten war ich sehr gespannt
wie wir die 4-5 kleinen Ströme mit dem guten Bus durchwaten würden
oder ob wir wegen den vereisten Abbruchkanten steckenbleiben würden
da wir nicht wie die anderen Geländewagen über solch eine große
Bodenfreiheit verfügten. Russlan überzeugte aber auch hier das
fahrerisches Können und Erfahrung im Gelände viel, viel
Bodenfreiheit weg machen konnten. Langsam aber stetig wühlte sich
der kleine Mitsubishi erst durch den großen und anschließend durch
die kleinen Flüsse, durch Kuhlen und über Hügelpisten auf denen
das Fahrzeug beträchtliche Schräglagen erreichte die durch
Seitenwechsel seitens der Passagiere ausgeglichen werden mussten um
den Wagen am Wegrutschen oder Umfallen zu Hindern. Eine sehr
spannende quasi interaktive Autofahrt im Gelände an der Grenze des
Machbaren. Und nach 3 Stunden rumgerödel im Schneckentempo erschien
eine riesige Schwarze Wand und zwei riesige Rauchsäulen auf der
rechten Seite hinter den Bäumen und wenig später sahen wir das hier
definitiv das ende der der Piste war, wo der Weg früher einmal
weitergegangen war hatte jemand einfach eine 15m hohe Wand aus
dampfender und zischender Schlacke abgekippt die sich mehre Kilometer
in der Länge und Breite hin ziehen musste. Es war ein gigantisches
und monströses Bild das mir und uns allen ordentlichen Respekt
einflößte und wir uns dem dampfenden, zischenden, Steine
spuckenden, Bäume umwerfenden Ungetüm nur zögerlich nährten .
Hier konnte man direkt in die glutrote, dampfende, nach Schwefel
stinkende Vergangenheit unsres Planeten sehen. Immer wieder gingen
Schuttlavienen ab, wurden Bäume langsam umgewalzt und Erdmasse
aufgetürmt und es stiegen Schwefelwolken und heißer Dampf wie aus
einem Druckkessel auf. Es lebte und bewegte sich langsam vorwärts,
was wir hier sahen war der äußerste Rand einer der zwei großen
Lavaströme die sich unaufhörlich vom Tolbatschickrater hinab ins
Tal wälzten. Die Oberfläche war hier an den Rändern schon etwas
abgekühlt doch brodelte es unter der äußeren Schicht noch kräftig,
was man an einigen Stellen gut sehen und fühlen konnte aus denen
immer wieder zähflüssige glutrote Magma quoll und einem die Hitze
entgegen schlug. Vorsicht war geboten und ständige Wachsamkeit da
die Lavazunge noch in Bewegung war, sich noch weiter ausdehnte und
dabei eben immer wieder Bäume umwarf, Stein und Schlackelavienen
abgingen und Dampffontänen abgingen. Der Krater selbst war in eine
dunkle Wolke gehüllt so das wir immer nur das Beben, Rumpeln und
Zischen in der ferne vernehmen konnte was nicht unbedingt mehr
vertrauen in die Stabilität der Lage schaffte. Die ganze Szenerie
war mehr als gespenstisch und alle wirkten immer irgendwie auf dem
Sprung, leicht nervös und freudig erregt, immer bereit sofort in die
Fahrzeuge zu springen und abzuhauen. Doch mit der Zeit gewöhnte man
sich an die Geräuschkulisse und den gigantischen Anblick der
urzeitlichen Kraft. Es wurde gegessen, Tee getrunken und
Photographiert und nach einnem kleine Fußmarsch bot sich sogar die
Möglichkeit ein Stück auf die Lavazunge heraufzuklettern um eine
Blick über den Der Aufstieg war wie auf glühenden Kohlen und nicht
ganz ungefährlich, aber er lohnte sich und was sich darbot war
wirklich atemberaubend wie auch ganzen übelriechenden Gase die
überall empor quollen. Ich denke ick kann mir jegliche Beschreibung
sparen denn wie das ganze aussah und sich anfühlte kann ich wirklich
nicht im Original wiedergeben, das es für euch einen Sinn machen
würde. Aber eins kann ich sagen, es mit Abstand das beeindruckendste
was ich jemals in meinem Leben sehen durfte und ich bin zutiefst
dankbar das mir dieser Einblick gewährt wurde. Ich weiß nicht ob
ich so etwas in meinem Leben jemals noch einmal sehen werde! Danke!
Nach
insgesamt 12 stunden fahrt und völlig überwältigt von den vielen
Eindrücken kamen wir Abends um 8 Uhr total erledigt von der langen
Fahrt, aber irgendwie glücklich wieder an.
Ende
der Durchsage...
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