Als wir am
Montag Abend ankamen waren wir nahezu allein in der Landschaft der
riesigen Aschekegel, wesentlich eine kleine Gruppe hatte schon ihre
Zelte neben der Hütte aufgeschlagen. Wir hatten das Privileg für
die nächsten Tage in der Inspektoren Hütte schlafen zu dürfen und
uns standen auch noch 3 Schlafplätze in einer der anderen Hütten
zur Verfügung! Toll, da kommt man sich doch gleich äußerst
privilegiert vor, wenn man aus den Allradgefährt springt, mit Sack
und Pack auf`s Inspektorenhäuschen zusteuert und einer der
anwesenden Touristen Guides hinüber gelaufen kommt sich vor der Tür
aufbaut und sagt: „ Das hier ist nichts für Touristen, das ist das
Häuschen vom Inspektor, da dürft ihr nicht rein!“ und man mit
breitem Grinsen seinen Darfschein aus der Tasche zieht und mit einem
überragendem Lächeln freundlich erklärt das man kein Tourist sei
sondern ein Volontär des Nationalparks der Vulkane Kamtschatkas, und
einem der Direktor persönlich erlaubt hätte hier zu wohnen, da wir
in den nächsten Tage an der Leningradskaja zu arbeiten hätten!
...Ha! Naja, Eitelkeit ist manchmal eine meiner Lieblingssünden!
Aber gut das die Leute hier alles im Blick haben wenn mal kein
Inspektor vor Ort ist!
Im laufe
der Tage siedelten Micha und ick jedoch freiwillig ins Zelt aus da
genau neben dem Inspektorenhäuschen der Stromgenerator stand der bei
Dämmerung angeworfen wurde und erst so gegen halb eins zum Schweigen
gebracht werden konnte. Es war also wie auf einer Baustelle wenn man
schlafen gehen wollte und störte mein Empfinden von Natur und
Abgeschiedenheit empfindlichst. Wir alle ärgerten uns sehr warum zum
Teufel die Menschen nicht gemütlich bei Kerzenlicht zusammensitzen
konnten, so wie man das nach unserer Vorstellung in einer
abgeschiedenen Hütte im Schoß der Vulkane Kamtschatkas eben zu
machen hatte! Stattdessen pusteten die Leute auch hierfür noch
ordentlich Abgas in die Luft, während wir fast zum Protest, erst am
Feuer und später im lärmenden Baustellencontainer
(Inspektorenhütte) bei Kerzenlicht saßen. Der Gipfel aber war das
man uns bat doch bitte am Feuer nicht zu singen da Andere schon
schlafen wollten, das laute Rattern des Generators das durch die
Stille der Kamtschattischen Nacht rasselte schien hingegen keine
Beachtung zu finden! :-)
Tja, scheiß
Generator, scheiß Touristen und scheiß auf die coole
Inspektorenhütte, dachte ich laut und schwor mir mit Micha an
nächsten Tag in mein Zelt auszusiedeln und das möglichst weit weit
weg!
Gesagt
getan, wir bauten unser Zelt in einem kleinen Tal zwischen den Felsen
in der Nähe unserer Quelle auf, weit genug weg um die
Abgeschiedenheit genießen zu können, nahe genug dran um nicht
völlig von unsere Gruppe abgeschnitten zu sein. Schön war es hier
und ich freute mich in meinen wildromantischen Vorstellungen auf die
Nacht im mit Lavasteinen befestigten Zelt, auf den Wind der die
Zeltwände zum flattern bringen würde und auf tiefen, erholsamen
Schlaf im Schoße von Mutter Natur!
Als wir
allerdings von unsere Tagestour zurückkamen trauten wir unseren
Augen kaum, unsere einst so einsam gelegene Hütte, und vor allem
mein so wilder einsamer Zeltplatz, glich nun einem einem
Ameisenhaufen! Vier Geländegängige Lkw`s wie der der uns hier
herauf getragen hatte, hatten ein ganzes Heerlager an Touristen
ausgespuckt und nun wuchsen mehrere Zeltstädte aus dem Boden. Tja,
am Morgen noch ganz einsam gelegen war ganz in der Nähe meines
Zeltes ein kleines Dorf entstanden welches unaufhörlich näher an
mein Zelt heranwuchs. Da war ein gar emsiges Treiben im Gange und
lustig tanzte die Motorsäge auf den mitgebrachten Baumstämmen. Ihr
könnt euch sicherlich vorstellen wie begeistert ich von dieser
Entdeckung war und das Micha & ick ordentlich auf auf die
Touristen schimpften!
Aber es
wird sich noch herausstellen das alles wie immer seine zwei Seiten
hat und die Dinge sich ständig wandeln, zum Guten wie zum
Schlechten, das Eine das Andere bedingt.
Übrigens
war auch der Inspektor der uns eingeladen hatte, mit dem wir
arbeiten sollten und der uns später herumführen wollte nicht vor
Ort und würde auch nicht mehr kommen! Ein wichtiger Minister aus
Moskau war angereist und der Inspektoren musste Diesen nun zu den
Wundern der Kljutesvkoj Nationalparks bringen.:-)
Unter der
einen Gruppe die heute neu Angereist war befanden sich auch zwei
Mädels unseren Alters aus Deutschland und ihr alter Herr, somit
entstand als bald eine lustige Konversation und es stellte sich
heraus das das Wetter morgen besser sein sollte, heute windete es mit
Sturmböen und schüttete wie aus Kannen, und ihre Gruppe morgen früh
einen Erstürmungsversuch des Tolbatschik Vulkans bis zum Kraterrand
wagen wollte und noch Plätze im LKW frei wären. Also schwangen wir
uns auf zum Guide und dem Fahrer der Truppe und fragten ob wir uns
ihnen anschließen dürften. Es wurde gegrinst und zugesagt! Aber die
Jungs fahren auf dem Dach, heiß es und wenn was passiert bin ich nie
gefahren! Alles klar, das musste man uns nicht zweimal sagen, wir
waren mit dabei! Geführte Tolbatschik Besteigung und ne gratis
Offroadtour auf`m Dach von soner geilen Geländekutsche durch die
Bergwelt der Kljutschevskoj! Ast rein!
Nächste
Morgen war das Wetter perfekt, wir saßen auf und holperten los in
den morgendlichen Nebel. Es war feucht und kalt als wir im
Gänsemarsch durch den dichten Nebel stapften. Neun bis Zehn Stunden
sollen wir nun unterwegs sein, gut das wir einen Führer hatten denn
die Sichtweite betrug ca. 2m und einen Wanderweg wie in den Alpen gab
es auch hier nicht! Nach 1-2 Stunden Aufstieg lichtete sich der Nebel
langsam und die Sonne strahlte zwischen den Schwaden hervor. Ein
Gemisch aus feuchter Kälte und der aufkommenden Hitze eines
Sonnentages im Hochgebirge, ließ uns ständig an und Ausziehen. Bald
waren wir über den Wolken und es bot sich ein atemberaubender Blick
auf den Tolbatschik mit seinen stolzen 3672 Metern und seinen
Steileisgletschern entgegen ragte. Ich erspare euch die weiteren
Details des Aufstiegs, wären diese wahrscheinlich ehe nur für
Alpinisten wie meinen Herrn Vater interessant. Doch eins noch, der
Aufstieg war nicht schwer aber sehr lang und Anstrengend! Ohne
falschen stolz kann ich sagen das der Gipfel des Kraters von unserem
Startpunkt stolze 1382 Höhenmeter entfernt lag und wir an diesem Tag
ordentliche 2764 Höhenmeter zurücklegten! Nicht schlecht, und das
mit der Kamtschatkaversehrtenbrigede.
Der Blick
von Oben war unbeschreiblich beeindruckend, der Krater war
wunderschön vergletschert, und ständiger Steinschlag im Krater
zeigte das hier noch alles in Bewegung war. Wir sahen viele der
anderen Vulkanriesen mit ihren schneebedeckten Spitzen und weißen
Wolkenfahnen. Das hier war also nur der Anfang, doch für mich
reichte das heute voll und ganz um glücklich und zufrieden zu sein,
ich war auf 36082 m mein Knie war anscheinend heil, das Wetter gut!
Ich hatte
schon auf dem Aufstieg lange über die unbeständige Natur der Dinge
nachgedacht, und das mir wieder einmal per Exzellenz vor Augen
geführt wurde wie viel meine Urteile eigentlich wert sind! Oft nicht
einen Pfifferling! Ohne die Touristeninvasion auf der so
beschaulichen Leningradskaja Hütte und ohne die Freigiebigkeit
dieser Leute, wären wir heute nicht auf dem Tolbatschik Krater
gestanden!
Amen...