Dienstag, 21. August 2012

16. August 2012, Kljutschevskoj Nationalpark 3, Tolbatschikbesteigung...und vom ständigen Wandel der Dinge























Als wir am Montag Abend ankamen waren wir nahezu allein in der Landschaft der riesigen Aschekegel, wesentlich eine kleine Gruppe hatte schon ihre Zelte neben der Hütte aufgeschlagen. Wir hatten das Privileg für die nächsten Tage in der Inspektoren Hütte schlafen zu dürfen und uns standen auch noch 3 Schlafplätze in einer der anderen Hütten zur Verfügung! Toll, da kommt man sich doch gleich äußerst privilegiert vor, wenn man aus den Allradgefährt springt, mit Sack und Pack auf`s Inspektorenhäuschen zusteuert und einer der anwesenden Touristen Guides hinüber gelaufen kommt sich vor der Tür aufbaut und sagt: „ Das hier ist nichts für Touristen, das ist das Häuschen vom Inspektor, da dürft ihr nicht rein!“ und man mit breitem Grinsen seinen Darfschein aus der Tasche zieht und mit einem überragendem Lächeln freundlich erklärt das man kein Tourist sei sondern ein Volontär des Nationalparks der Vulkane Kamtschatkas, und einem der Direktor persönlich erlaubt hätte hier zu wohnen, da wir in den nächsten Tage an der Leningradskaja zu arbeiten hätten! ...Ha! Naja, Eitelkeit ist manchmal eine meiner Lieblingssünden! Aber gut das die Leute hier alles im Blick haben wenn mal kein Inspektor vor Ort ist!
Im laufe der Tage siedelten Micha und ick jedoch freiwillig ins Zelt aus da genau neben dem Inspektorenhäuschen der Stromgenerator stand der bei Dämmerung angeworfen wurde und erst so gegen halb eins zum Schweigen gebracht werden konnte. Es war also wie auf einer Baustelle wenn man schlafen gehen wollte und störte mein Empfinden von Natur und Abgeschiedenheit empfindlichst. Wir alle ärgerten uns sehr warum zum Teufel die Menschen nicht gemütlich bei Kerzenlicht zusammensitzen konnten, so wie man das nach unserer Vorstellung in einer abgeschiedenen Hütte im Schoß der Vulkane Kamtschatkas eben zu machen hatte! Stattdessen pusteten die Leute auch hierfür noch ordentlich Abgas in die Luft, während wir fast zum Protest, erst am Feuer und später im lärmenden Baustellencontainer (Inspektorenhütte) bei Kerzenlicht saßen. Der Gipfel aber war das man uns bat doch bitte am Feuer nicht zu singen da Andere schon schlafen wollten, das laute Rattern des Generators das durch die Stille der Kamtschattischen Nacht rasselte schien hingegen keine Beachtung zu finden! :-)
Tja, scheiß Generator, scheiß Touristen und scheiß auf die coole Inspektorenhütte, dachte ich laut und schwor mir mit Micha an nächsten Tag in mein Zelt auszusiedeln und das möglichst weit weit weg!
Gesagt getan, wir bauten unser Zelt in einem kleinen Tal zwischen den Felsen in der Nähe unserer Quelle auf, weit genug weg um die Abgeschiedenheit genießen zu können, nahe genug dran um nicht völlig von unsere Gruppe abgeschnitten zu sein. Schön war es hier und ich freute mich in meinen wildromantischen Vorstellungen auf die Nacht im mit Lavasteinen befestigten Zelt, auf den Wind der die Zeltwände zum flattern bringen würde und auf tiefen, erholsamen Schlaf im Schoße von Mutter Natur!
Als wir allerdings von unsere Tagestour zurückkamen trauten wir unseren Augen kaum, unsere einst so einsam gelegene Hütte, und vor allem mein so wilder einsamer Zeltplatz, glich nun einem einem Ameisenhaufen! Vier Geländegängige Lkw`s wie der der uns hier herauf getragen hatte, hatten ein ganzes Heerlager an Touristen ausgespuckt und nun wuchsen mehrere Zeltstädte aus dem Boden. Tja, am Morgen noch ganz einsam gelegen war ganz in der Nähe meines Zeltes ein kleines Dorf entstanden welches unaufhörlich näher an mein Zelt heranwuchs. Da war ein gar emsiges Treiben im Gange und lustig tanzte die Motorsäge auf den mitgebrachten Baumstämmen. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen wie begeistert ich von dieser Entdeckung war und das Micha & ick ordentlich auf auf die Touristen schimpften!
Aber es wird sich noch herausstellen das alles wie immer seine zwei Seiten hat und die Dinge sich ständig wandeln, zum Guten wie zum Schlechten, das Eine das Andere bedingt.

Übrigens war auch der Inspektor der uns eingeladen hatte, mit dem wir arbeiten sollten und der uns später herumführen wollte nicht vor Ort und würde auch nicht mehr kommen! Ein wichtiger Minister aus Moskau war angereist und der Inspektoren musste Diesen nun zu den Wundern der Kljutesvkoj Nationalparks bringen.:-)

Unter der einen Gruppe die heute neu Angereist war befanden sich auch zwei Mädels unseren Alters aus Deutschland und ihr alter Herr, somit entstand als bald eine lustige Konversation und es stellte sich heraus das das Wetter morgen besser sein sollte, heute windete es mit Sturmböen und schüttete wie aus Kannen, und ihre Gruppe morgen früh einen Erstürmungsversuch des Tolbatschik Vulkans bis zum Kraterrand wagen wollte und noch Plätze im LKW frei wären. Also schwangen wir uns auf zum Guide und dem Fahrer der Truppe und fragten ob wir uns ihnen anschließen dürften. Es wurde gegrinst und zugesagt! Aber die Jungs fahren auf dem Dach, heiß es und wenn was passiert bin ich nie gefahren! Alles klar, das musste man uns nicht zweimal sagen, wir waren mit dabei! Geführte Tolbatschik Besteigung und ne gratis Offroadtour auf`m Dach von soner geilen Geländekutsche durch die Bergwelt der Kljutschevskoj! Ast rein!
Nächste Morgen war das Wetter perfekt, wir saßen auf und holperten los in den morgendlichen Nebel. Es war feucht und kalt als wir im Gänsemarsch durch den dichten Nebel stapften. Neun bis Zehn Stunden sollen wir nun unterwegs sein, gut das wir einen Führer hatten denn die Sichtweite betrug ca. 2m und einen Wanderweg wie in den Alpen gab es auch hier nicht! Nach 1-2 Stunden Aufstieg lichtete sich der Nebel langsam und die Sonne strahlte zwischen den Schwaden hervor. Ein Gemisch aus feuchter Kälte und der aufkommenden Hitze eines Sonnentages im Hochgebirge, ließ uns ständig an und Ausziehen. Bald waren wir über den Wolken und es bot sich ein atemberaubender Blick auf den Tolbatschik mit seinen stolzen 3672 Metern und seinen Steileisgletschern entgegen ragte. Ich erspare euch die weiteren Details des Aufstiegs, wären diese wahrscheinlich ehe nur für Alpinisten wie meinen Herrn Vater interessant. Doch eins noch, der Aufstieg war nicht schwer aber sehr lang und Anstrengend! Ohne falschen stolz kann ich sagen das der Gipfel des Kraters von unserem Startpunkt stolze 1382 Höhenmeter entfernt lag und wir an diesem Tag ordentliche 2764 Höhenmeter zurücklegten! Nicht schlecht, und das mit der Kamtschatkaversehrtenbrigede.

Der Blick von Oben war unbeschreiblich beeindruckend, der Krater war wunderschön vergletschert, und ständiger Steinschlag im Krater zeigte das hier noch alles in Bewegung war. Wir sahen viele der anderen Vulkanriesen mit ihren schneebedeckten Spitzen und weißen Wolkenfahnen. Das hier war also nur der Anfang, doch für mich reichte das heute voll und ganz um glücklich und zufrieden zu sein, ich war auf 36082 m mein Knie war anscheinend heil, das Wetter gut!
Ich hatte schon auf dem Aufstieg lange über die unbeständige Natur der Dinge nachgedacht, und das mir wieder einmal per Exzellenz vor Augen geführt wurde wie viel meine Urteile eigentlich wert sind! Oft nicht einen Pfifferling! Ohne die Touristeninvasion auf der so beschaulichen Leningradskaja Hütte und ohne die Freigiebigkeit dieser Leute, wären wir heute nicht auf dem Tolbatschik Krater gestanden!

Amen...






14.- 15.August 2012, Kljutschevskoj Nationalpark 2, Ausblicke und "Wo die Liebe hinfällt! "






















Was soll ich euch erzählen, es war sehr schwierig Fotos auszuwählen damit ihr sehen könnt wies hier oben ausgesehen hat, viel zu viele unterschiedliche Impressionen, in viel zu schrägen Dimensionen als das ein paar Fotos es jemals wiedergeben könnten! Aber hier ein Paar wenige für den Blog, das ihr was zu gucken habt! Später dann mal mehr, viel mehr und mit Beamer! Auf Jeden von uns hatte diese eindrucksvolle Landschaft eine unterschiedliche Wirkung und auch die „Vulkanischen Bomben“, die hier in unterschiedlichsten Größen zu finden sind fanden ihre Liebhaber. Irgendwie hatte es diese großartige Landschaft jedem von uns angetan. Zum Beispiel war es nicht einfach, und es erforderte viel Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl Clemens von seiner neuen Errungenschaft zu lösen, doch saß er bei Abfahrt Gott sei dank wieder bei uns im Bus!
Am Besten ihr fahrt selbst hin, lasst euch von Wind und Regen, Sonne und Schatten bewegen. Es war eine der beeindruckendsten Landschaften die ich je schauen durfte, tief haben sich die Stille, das laute Brausen des Windes, die Farben und die Weite dieser Landschaft in meine Seele gegraben, diese Eindrücke und Augenblicke werden mich wohl noch lange begleiten! Unglaublich schön was Feuer und Eis erschaffen haben! Unglaublich schön das ich das sehen durfte!

13. August 2012, Kljutschevskoj Nationalpark 1,...Geschüttelt nicht gerührt!





















Tolbatschik, dieses geflügelte Wort geisterte schon seit ein paar Wochen durch die Reihen der Freiwilligen in der Basa, später auch durchs Naturpark Office, aber es war irgendwie nicht greifbar, unklar, irgendwo in der ferne einer unbestimmten Zukunft. Und heute als früh morgens endlich der Wecker klingelte, die endlose Nacht der Morgendämmerung wich war es dann endlich soweit!
Vor ein paar Wochen hatte der Direktor des Kljutschevskoj Nationalpark Kontakt mit uns aufgenommen und angefragt ob nicht ein paar Volontäre von uns ihn bei arbeiten auf der Leningradskaja Hütte am Tolbatschik Vulkan unterstützen könnten. Es würde 3-4 Tage gearbeitet, den Rest hätten wir frei, und wer wollte da nicht mal auf den Tolbatschik Vulkan klettern und in seinen auf 3082 m Höhe gelegenen Krater gucken. Kurz um wir sagten zu, der Termin verschob sich mal hier hin, mal dort hin, doch jetzt endlich hatten wir alles organisiert und fuhren los! Mit 9 Leuten, riesigen Rucksäcken, Werkzeug, und Kiloweise Proviant fuhren wir per Taxi nach Kosarjevsk, was schon eine logistische Meisterleistung im Vorfeld war, denn es galt ein bezahlbares Angebot für einen Transport von Esso aus zu finden das einem nicht die Schuhe auszog oder zumindest an Wucher grenzte. Wir hörten da so einige schwindelerregende Zahlen und ich vermutete das bei einigen Unternehmern hier im Ort sobald sie einen ausländischen Dialekt im Russisch wahrnahmen Goldgräberstimmung ausbrach, anders konnte ich mir einige Preise eigentlich nicht erklären. Am Ende fanden wir dann doch einen Kutscher der uns dank unseres Volontärstatus zu einem guten Preis mit all unserem Plunder zur letzten Siedlung vorm Kljutschevskoj Nationalpark brachte, von da an führte kein Weg an einem Fahrzeug vorbei das ich schon oft neidisch in Esso angestarrt hatte. Einer dieser gigantischen zur Touristenkutsche umgebauten Allrad- LKW der ruhmreichen Sowjetischen Armee! Solch ein Gefährt sollte uns nun 4 Stunden lang samt Hab und Gut, durch den Busch, die Sümpfe, durch Flüsse, die Aschepisten hinauf bis an die Leningradskaja Hütte tragen. Welch ein Tag der Freude!
Und es ward nicht zu viel versprochen als wir von der Schotterpiste ab in den Wald einbogen und als bald die jungen Birken, Erlen und einige Restlärchen an unseren Fenstern vorbeischrammten. Ja, es wurde alles Geboten was dem Offroad-Fan das Herz höher schlagen lässt, Demjenigen aber der an Reisekrankheit leidet bei vergessener Einnahme einer Tablette allerdings die Galle hochkommen lässt! Die Menschenfracht wurde ordentlich durchgeschüttelt und manchmal erreichte das Fahrzeug so eine interessante Seitenlage das am sich ordentlich fest keilen musste nicht durch den Wagen zu purzeln. Es wurden Flüsse mit ordentlicher Strömung durchquert, durch Schlammlöcher gewatet, über Baumstämme hinweg gesetzt und steile Hügel erklommen. Kaum zu beschreiben und immer den Kitzel dabei ob wir jetzt gleich feststecken im oft marschlandähnlichen Gelände, der Fahrer hoch konzentriert! Irre!
Der Wald lichtete sich jetzt langsam und es wurde höchste Zeit Holz zu sammeln für die nächsten Tage denn Bäume gab es in der Landschaft der schwarzen Aschekegel bald nicht mehr. Nach grandiosen 4,5 Stunden fahrt lud uns unser Allradgefährt samt Gepäck und einem auf dem Dach verstauten Vorrad an von uns gesammeltem Holz vor einer skurrilen Landschaft errichteten Leningradskaja ab.
Zelte aufbauen und Hütten beziehen, Wasser aus der Quelle holen, kochen und Gegend erkunden, rauf auf den ersten, zweiten, dritten immer höheren werdenden schroffen Aschekegel. Endlich wieder einmal Hochalpine Landschaft, wenn auch diesmal Vulkanischen Ursprungs! Da pfeift der Wind und das Herz lacht!

Montag, 20. August 2012

20. August 2012, Esso, Die Мусор Müllbrigade und der Russe an sich!





Heute war ein schöner Tag, Montag, Wochenanfang, Arbeitstag für die Meisten unter uns und vor allem Planjorka im Park! Das heißt, immer bereit zu sein für neue Überraschungen, also am Besten schon fix morgens Yoga gemacht und Meditiert, den Geist gedehnt und sich flexibel gemacht. Dann bist du gut vorbereitet und entspannt für den Montäglichen russischen Wahnsinn!
Dummerweise klingelte der Wecker recht spät, der Kascha schmeckte gut, der Tee war heiß und somit war sie dahin, die auch hier im Bystrinski Naturpark so allseits geschätzte nemecki (deutsch) Pünklichkeit. Sprich wir kamen zu spät. Aber gut, und als wir den Ort der Veränderung betraten waren endlich mal wieder alle da. Chef da, zweite Chefin ( die heimliche Königein des Bystrinski Naturparks) da, Fahrer da, alle Inspektoren da...toll, so ein Aufgebot hatte ich hier noch nie gesehen. Und wir zu spät!
Jeder berichtete was er letzte Woche getan hatte und den Plänen für diese Woche, so auch wir. Bis ich dann wiedereinmal mit dem Konfrontiert sah was die Buddhisten am ehesten mit dem Leid der Veränderung bezeichnen würden. Schaut doch mal dahinter was einen oft so unflexibel und unzufrieden macht!http://www.buddhismus-schule.de/inhalte/artenvonleid.html#veraenderung
Alle meine Pläne für heute waren mal wieder für die Katz, denn es war unbedingt von Nöten genau Heute, präziser jetzt gleich sofort, auf dem Weg zum Vulkaschiki Kardon Müll zu sammeln. Dies duldete natürlich keine Widerrede und keinen Aufschub. Okay, 5 Minuten hinausgehen, tief durchatmen, wieder rein gehen, gut ich bin dabei, sogar mit guter Laune und motiviert. Dieses Kunststück brachten jedoch heute nicht alle von uns fertig und somit war die Müllsammelkolonne heute  nur zu Viert!
Als ich mich auf den Weg zum Blitzeinkauf in freundlichsten Supermarkt Essos begab machte wiedereinmal eine grandiose Entdeckung die mich schon Lange faszinierte!

Ein riesiger Geländewagen der Firma Nissan, mit Steuer auf der linken Seite, hielt vor dem Supermarkt, es stiegen zwei Humanwesen der Gattung Mensch aus und schickten sich an den örtlichen Konsum zu betreten, was an sich nichts besonderes wäre und könnte sich auch in unseren Breitengraden zutragen, WENN und ich sage ganz bewusst wenn da nicht eine kleine Absonderlichkeit wäre! Diese Kleinigkeit, von den einen Seite betrachtet freut die Ölindustrie und kurbelt Wirtschaft an, für Andere kleinkarierte, in unserem Fall meist deutsche sogenannte ressourcenbewusste Nachhaltigkeitsfanatiker, ein tiefer Schlag in die Magengrube. Dieser von mir oft beobachtete Fakt ruft häufig ein tiefes Gefühl der Fremdheit in mir hervor und spätestens dann registriere ich, ja du bist woanders Ben, du bist in Russland!
Es handelt sich um das Nichtabstellen, Laufenlassen des Motors des Kfz im Stand, egal was man macht! So wie jetzt auch hier vor dem Konsum, man steigt aus und geht einkaufen, der Motor läuft, man räumt im Garten dinge zur Seite, der Motor läuft, man trifft Bekannte und Freunde an der Straße, hält einen Plausch ja steigt sogar aus und trinkt Wodka zusammen, der Motor läuft usw.! Leute, hier läuft wirklich fast immer der Motor. Ich machte mich nun auf die Suche nach den kulturellen Wurzeln dieser hier so weitverbreiteten Sitte. Ist es vielleicht so das man sich hier auf Kamtschatka schon im Sommer auf den harten und kalten Winter vorbereitet, wo man den Pkw auf keinen Fall abstellen darf, da man ihn sonst bei der Kälte nicht mehr an bekommt weil alles eingefroren ist? Oder ist es vielleicht ein Zeichen Wohlstand, man herzeigt was man hat, wie  zum Beispiel andere Volksgruppen geschmückt wie ein Weihnachtsbaum zum Heiligen Abend mit viel Gold  verteilt am Körper herumlaufen? Vielleicht aber auch ein Zeichen von Kultureller/ Subkultureller Zugehörigkeit, andere Menschen lassen sich ja schließlich Löcher durch sämtliste Körperteile stanzen und durziehen sie mit Ringen? Vielleicht spielen aber auch religiöse Motive für dieses Verhalten eine Rolle? Ich bin mir nicht sicher, und es ist auch nicht leicht herauszubekommen, deshalb bemühe mich um größtmöglichen Gleichmut in dieser Frage! Doch ein leichtes Verwundern und Hüsteln wenn ich im Abgas eines Fahrerlosen Wagens stehe bleibt wohl trotzdem!

Wir wurden nun alsbald von Direktor Kokorin persönlich an unseren Einsatzort gefahren. Auf dem Weg dorthin passierten wir noch die örtliche ehemalige Kolchose in der immer noch Milchkuhhaltung betrieben wird, um alte Plastikfuttersäcke zu holen um dort wiederum den aufgesammelten Plastikmüll zu verstauen. Ein Bild wie aus einem alten Film bot sich uns nun da. Ein Alter Bauersmann und ein vierschrötiger Geselle mit blauem Auge waren grade dabei, umzingelt von einem Heer von Fliegen ein frisch geschlachtetes Kalb zu zerteilen und die Fellreste und Knochenstücke liebevoll in einer alten rostigen Tonne zuversänken.
Schön nicht, wie einfach es hier noch zugeht, fernab der dt. Lebensmittelhygiene und den Doktrin der Gesundheitsämter, die die gesamten Jägerschaften bei uns in Deutschland z.B. schon unter das Joch des Verbraucherschutzes gezwungen haben. Hier darf man noch Mensch sein, frei von der Seuchen und Parasitenpanik der Medienindustrie und dem Gutmenschenterroristentum der Grünen, Vegetarier und Veganerfraktionen!
Angekommen an unserer Einsatzstelle, dem Anfang des Wanderweges zum Vulkaschiki Kardon wurden Stoffhandschuhe übergestreift und die guten Silagesäcke vom Jeep gezogen. Unser Direktor erkundigte sich nochmals ob wir genug Bärenfackeln dabei hätten, wünschte uns frohes Schaffen und brauste in einer Staubwolke davon!
Als wir die Silagesäcke aufteilen wollten, sie waren ineinander gesteckt, kam uns nicht nur ein saurer, fauliger Geruch, wer schon mal Silage gerochen hat weiß woran die feine Städternase nicht gewöhnt ist, sondern zu unser größten Freude auch viele possierliche Tierchen entgegen. Diese wurden von Clemens sofort als Schaben klassifiziert und wohnten offensichtlich in ganzen Familienverbänden in unseren vermeintlichen Müllsäcken. Also ausgeschüttelt und eingesammelt! Mir als angehender Buddhist und Tierliebhaber brach es da glatt das Herz dieses Habitat zu zerstören und diese Insekten erdbebengleich aus dem Silagesäcken zu schütteln. Nun gut, ich werde dann wohl später erleben dürfen welche karmischen Wirkungen meine Handlung später haben wird. Meine Vorstellung für heute war die Ränder eines schönen Wanderweges von Unrat befreien zu dürfen, aber der Anblick der sich mir nun bot verlangte nun doch einiges an positivem Denken! Der Wanderweg zum Vulkaschiki Kardon begann hier nämlich nach ca. 200m mit der Überquerung der örtlichen Müllkippe! Jegliches Gebüsch, und unser Auftrag lautete den Weg und die angrenzenden Gebüsche am Weg von Unrat/ Plastikmüll zu befreien, war mit vom Wind verwehten und teils überwachsenen Plastiktüten und Verpackungen aller Art stark verschmutzt. Klar, denn auf der Müllkippe befand sich immer noch viel Haushaltsmüll der bekanntlich eben viel Plastikmüll und diese dünnen Plastiktüten, die Geißel der westlichen Zivilisation die schon in anderen Ländern der Erde die Tier und Pflanzenwelt zerstört, enthält. Es forderte viel Einsatzbereitschaft und einen festen Glauben das auch kleine Taten Änderungen bewirken, mit den stinkenden Silagesäcken, durchnässten Stoffhandschuhen, durchs Gebüsch zu kriechen und den verdammten Wohlstandmüll der Siedlungsbewohner von Esso aufzusammeln. Am Anfang war ich noch fröhlich singend mit unserem Müllsammelkolonnenhit „ I`m looking for Mucor, I´m looking for fun“ ( Mucor = russ. Müll), frei entlehnt nach David Hasselhoff, wenn ihr euch noch an unseren in den 90ern singenden Bademeister von Baywatch erinnern wollt, durchs Gebüsch gerobbt. Doch 6 verdammt stinkende Müllsäcke später war es dann leider vorbei mit buddhistischem Gleichmut und dem positivem Denken, meine Grenze war überschritten und ich hatte nicht schlecht Lust den Bewohnern von Esso ihren stinkenden Plastikmüll auf den Dorfplatz zu kippen! Meine Laune trübte auch die Erkenntnis das beim nächsten starken Wind, der hier nicht so selten ist, der noch reichlich vorhandene Plastikmüll auf der Müllkippe sich wieder in die von uns gesäuberten Gebüsche und den auf dem Weg verteilen würde. Zudem kam noch Stellenweise das wenn man die obere Schicht Müll abgesammelt hatte, unter dem Laub noch 3-4 Schichten eingewachsen Mülls zum Vorschein kamen. Oh man, wirklich trübe Aussichten! Und dazu kam noch ein immer stärker werdendes Gefühl ausgenutzt geworden zu sein, da offensichtlich kein anderer Lust hatte diese Arbeit zu verrichten, schickt man eben die Volontäre! Okay, ick schwöre mir das das definitiv mein letzter Job ist für den Park diese Woche! Dann ist Schicht...sowohl bei mir als auch bei den Anderen, aber der Wagen ist voll! Wir rufen Cheffe an das wir fertig sind, suchen noch auf der Müllkippe nach Ersatzteilen für unser Basa-Fahrrad und werden dann von einem gut gelaunten Direktor Kokorin eingesammelt! Tja, heute habe ich wieder einmal viel gelernt, über mich, mein Verhalten in frustrierenden Situationen, wie sich meine Gefühlslage mit der Zeit immer wieder verändert, über unser umgehen mit Mutter Natur, wie wir mit anderen Lebewesen umgehen. Nun werde doch noch demütig...
Heute war ein guter Tag, ich bin dankbar! Ich gehe jetzt in die Basa, Cheiko und Ninja haben für alle gekocht, es gibt Abendessen, auch dafür bin ich dankbar, dankbar für diese Gemeinschaft!

Ben


Sonntag, 19. August 2012

09.-11. August 2012, Entlang am Anavgai Fluss, In den Fußstapfen von Meister Petz







Am Donnerstag, dem 9. des Monats August, brachen unsere Botaniker auf um ihr großes Werk, die Terra Kamschatika zu vervollständigen. Nach der flirrenden Mittagshitze in der Esso wie ausgestorben wirkt und selbst die Hunde nur noch japsend im Schatten der Brücke über den Uksuchan Fluss liegen, standen die Männer der Abteilung Botanik, kurz hinter Esso im Staub der Landstraße zur Siedlung Anavgai. Nicht ganz einfach ihr Vorhaben zu dieser gottlosen Zeit den Daumen in den Wind zu halten, um ein Stück von einem der zahlreichen sich die Straße nach Petro Pavlovsk entlang wälzenden großen Bullieden mitgenommen zu werden. Erst nachdem Clemens seine Trampertrickkiste öffnete und Kunststückchen auf der sandigen Piste zum Besten gab, ließ sich einer der Fahrer erweichen die Bande bis zum gewünschten Punkt zu transportieren. Und besondere Menschen bekommen oft besondere Transportmittel! Dieses Gefährt hatte schon eine Paar Mitfahrer auf dem Sonnendeck und somit machte es keinen unterschied ob nun noch Zwei oder Drei mehr ihren Platz auf seinem Dach finden würden. Langsam wälzte sich das Gefährt die Piste entlang setzte alle drei wohlbehalten am Startpunkt ab.
Es wurde zum Fluss hinunter abgestiegen und dann ging es mit der griffbereiten Bärenfackel auf Bärenpfaden weiter flussaufwärts. Jetzt wurde voller Einsatz gefordert denn es Stand eine Überquerung der Anavgai in mehreren Teilstücken auf dem Plan. Also Hose runter und rein in bitterkalten Fluten über mehrere kleine Inselchen bis auf die Andere Seite wo als bald Meister Petz und sein Nachwuchs seine Aufwartung machte. Die Begegnung sollte jedoch glimpflich von statten gehen und die Kontrahenten zogen sich wohl Beide etwas verunsichert in entgegengesetzte Richtungen zurück. Somit blieb die Bärenfackel vorerst in der Hosentasche und die Erleuchtung ließ somit noch auf sich warten.
Cheiko probierte zumindest in der Abwesenheit von Meister Petz,in dessen Fußstapfen zu treten, ich habe wesentlich bemerkt das mein Cousin jetzt des Nachts sich etwas geräuschvoller im Bette zu drehen scheint und wenn es ans aufstehen geht, eigenartige Brummgeräuche von sich gibt. Der Haarwuchs scheint normal geblieben zu sein, somit scheint seine Verwandlung zum Bären mit der Wiederkehr in die Basa gestoppt worden zu sein. Es wurde also einen ganzen Tag lang von morgens bis abends kartiert, bestimmt, photographiert und gesammelt, bis es dann am Samstag morgen zurück in Richtung Esso ging, wo es extra zum Tag des 86 Jährigen Bestehens des Bystrinski Rajons, brühend heiß war. Und als wir Clements und Cheiko auf der großen Feier zum 86jährigen eintrudeln sahen, wirkten diese irgendwie wie aus einer anderen Welt. Es schien wohl ein ziehmlicher Schock zu sein aus der Kühle und Stille des Anavgai Flusstales in das von Menschen wimmelnden kochend heiße Esso zu kommen. Somit machten sich die Beiden nach einem kurzen Plausch so schnell wie möglich hinaus aus dem Trubel, hinein in die schützende Kühle der Basa.

Spät Abends lauschten wir dann ihren Geschichten von Bären und dem Nebel über der Anavgai!

Ben


Samstag, 11. August 2012

09. August 2012, Das Missgeschick des frommen Michaels





Neues aus dem Kamtschatka Versehrtenlager Esso, oder auch:

Das Missgeschick des Frommen Michaels

Um der Wahrheit willen will ich euch berichten wie es sich einst zu trug, das Michael der Fromme sich an dem Tage der Rückkehr, bei Sonnenschein und bei gar großartiger Hitze, sich an des Flusses Ufer mit Namen Bystraja tief in den Fuße Schnitt!
Die Schatten der Bäume und Beerensträucher an der Uferstraße waren bereits lang geworden, als wir endlich nach einem langen Marsch durch Einöde Kamtschatkas die Brücke über den Bystrajafluss eindeckten, welche uns in die Sicherheit der Siedlung Esso bringen würde. Hinaus aus die Gottlosen Wildnis in der es nichts gab außer Räuber, wilde Bären und Moskitos die einem alle Samt nach dem Blute trachteten. Als Michael dem Frommen der Gedanke einkam er wolle sich niederlassen und seinen Laib in die glitzernde Kühle des Bystrajaflsses eintauchen. So wart denn gleich Halt gemacht, die Schweren Kiepen abgestellt und ich schickte mich sogleich an einen vortrefflichen Schluck aus meinem Lederschlauch zu nehmen, als Michael bar seiner Kleider in die kalten Fluten stieg. Ach war das ein Spaß mitanzusehen wie dieser sonst so stille und in sich gekehrte Mann plötzlich jauchzend und johlend ob der Kälte des Wassers wegen im Flusse hin und her sprang und sich anschickte sich so zu gebärden wie ein kleiner Wicht.
Als es ihm in Bälde denn augenscheinlich zu kalt wurde, krabbelte er an Land und suchte sich mit seiner Kleider Außenseite zu trocknen. Da tat das Unheil seinen verehrenden Schlag, und ließ den armen Mann Blindlinks in sein Verderben laufen. Sowie er mir später berichtete machte er sich grade daran in seine Kleider zu steigen, als er unter seinem linken Fuße einen vermeintlich spitzen Stein spürte der ihm in die Fußsole stach. Nun ward der spitze Geselle leider bei näherer Betrachtung kein spitzer Kiesel, sondern eine Scherbe von grünem Glase die dem frommen Manne tief in die Sole schnitt. Sogleich fing der Schnitt arg zu bluten an! Wir ereiferten uns sogleich dem guten Manne schnellstens zur Hilf zu kommen und betten ihn auf ein Lager aus Kleidern, sodass wir seinen Fuße versorgen konnten. Humpelnd, auf seinen Stock und den kleinen Spanier gestützt durchquerten wir so dann das Dorf bis hin zu unserer Herberge, wo wir ihm dann den blutigen Stiefel auszogen und uns die arge Wunde noch einmal recht besahen. Als bald ward schnell entschieden eine Kutsche zu rufen um Michael den Frommen der Obhut der Brüder des Hospitales des Heiligen Wanja zu übergeben, so das sich der örtliche Medicus die Wunde nochmal recht beschaue.
Zusammengeflickt mit 2 Stichen und auf Krücken brachte man den frommen Michael dann eine Stunde später wieder in die Herberge, wo ihm gegen der Schmerzen erstmal ein Krug Wein von der Wirtin gebracht wurde. Zu späterer Stunde begab er sich auf Händen sie Stufen zum Zimmer hinauf und schnarchte seelig aufgrund des schmerzlindernden Weines bis in die frühen Morgenstunden!


Nun ihr lieben Leut sind wir derer Fußkranken Viere!

Jute Nacht... aus der zum Lazarett umfunktionierten Basa!

Ben & Cheiko


Freitag, 10. August 2012

06. - 08. August 2012, Tscherem Tschanka












Verhangen war der Himmel an diesem Tag als wir aus dem Haus traten, die Luft war schon am Morgens stickig, die Hitze drückend. Die Waldbrände die irgendwo auf dem sibirischen Festland wüteten verschleierten nun schon seit ein paar Tagen die Sonne und alles war in ein seltsam gleißendes Licht getaucht. Die Luft ließ Augen tränen und das atmen viel manchem schwer.
Trotzdem entschieden wir uns zum Aufbruch zu unseren Untersuchungsgebieten um den Tscherem Tschanka. Tscherem Tscha wird hier im übrigem der Bärlauch hier genannt und jene Wälder um den Berg sind im Mai/ Juni voll davon.
Heute wollte uns Ninja eine Mitvolontärin von uns begleiten, die hatte sich im Übrigen auch den linken Fuß verknackst auf ihrer Ketatschantour, leider scheiterte dieses Unternehmen bereits 1500 m nach dem verlassen der Basa an den Warmwasserrohren denen man hier überall hier in Esso begegnet und die es ständig zu übersteigen gilt. Und das Übersteigen eines solchen, in fieser Kniehöhe quer durch die Landschaft verlegtem, gut getarnten Rohres brachte die tapfere Ninja zu Fall. Tja, das war es dann erstmal mit unserem Experiment eine weibliche Begleitung mit auf eine Exkursion zu nehmen. Nach tränenreichem Abschied humpelte Ninja betrübt in die Basa zurück und wir verdattert gen Dorfausgang von Esso. Na dit fing ja schon Jut an!
Als der Weg zum Tscherem Tschanka etwas steiler wurde war unser spanischer Blitz Adria plötzlich im Gebüsch verschwunden und kam mit gequälter Miene und einer Rolle vom laufenden Meter, Marke Sandpapier, wieder zum Vorschein. Super, flotter Otto war angesagt der den Reisenden in dieser beschaulichen Umgebung inmitten von Beerensträuchern, Erlengestrüpp und einem Arsch voller Moskitos, die einem in den Selbigen stechen, während der Geplagte mit Schweiße seines Angesichts ächtend hernieder fährt. Nein, ein sehr sehr ungünstiger Ort für Diarrhögeplagte!
Der weitere Aufstieg benötigte also weitere kleine spontane Pausen und das Gelände stieg stetig immer steiler an. Ich fand jetzt auch immer häufiger neben Trittsiegeln kleine, frische Hinterlassenschaften der Bären auf dem Weg und bald einen Baum, bei Wildschweinen würden wir wohl Mahlbaum sagen, an dem sich Meister Petzt wohl vor kurzem ordentlich geschubbert hatte. Jetzt wurden die Bärenfackeln aus der Deckeltasche des Rucksacks in die Seitentasche der Hosen verlegt und die Spannung stieg.
Doch blieb uns heute ein spontanes Treffen mit den pelzigen Uhreinwohnern Kamtschatkas erspart.
Das Bärenwarnsystem würde heute besonders gründlich um unseren Zeltplatz im Nichts installiert werden! Feuer, Essen schlafen gehen.
Um sechs war die Nacht vorbei uns ich und Micha gingen auf die Vogelpirsch, Adria hütete das Zelt und unsere Pflanzenfreunde Clemens und Heiko würden sich erst später in den Busch machen. Es war sehr nass und sehr sehr Früh, was die Vogelleute nicht im geringsten zu interessieren schien, denn die trällerten schon seit halb 5 Uhr fröhlich drauf los und doch war es schon nicht mehr so intensiv wie die letzten Wochen. Ja, ein Hauch Herbst mischte sich schon ab und zu unter die noch grüne Landschaft und bracht kleine Farbkleckse hervor.
Und auf einmal war es dann soweit, schon nass bis auf die Unterhose von den Hochstaudenfelden die im Birkenwald wuchsen, standen wir nun plötzlich im sagenumwobenen Keteratsch (Zwergkiefern Gestüpp). Irre, jenau dit hatte ick jetz jebraucht! Es wechselte jetzt also zwischen Keteratsch, Kriechweiden,- Erlengestrüpp und Staudengewächsen. Dann gings 400 hm Berg ab bis auf die Talsohle und dann war klettern angesagt.
Auf das alles war ich so nicht eingestellt gewesen, was sich jetzt deutlich bemerkbarmachte. Meine Laune sank in den Keller und ich blubberte fluchend vor mich hin! Micha hatte vorher zwar GPS Daten erfasst doch vergessen die Überflüssigen Wegpunkte zu löschen und somit hatten wir eine lustige Anzahl von Wegpunkten die so an sich keinen wirklichen Sinn mehr ergaben! Toll oder? Und sone Info dann mitten im Keteratsch zu bekommen wo wir uns grade wieder Bergauf kämpfen war sehr erbaulich. Die nächsten 200 hm Hang aufwärts bestanden aus einem Gemisch aus dichtem Sorbus(Eberesche) und Alnusgestüpp(Erle), hohes Gras mit Birken, dann wieder Felder mit dichtem Keteratsch. Ich guckte auf die Uhr und überlegte, wir hatten bis hier 2,5h gebraucht, für die letzten 100m ca. 30 Minuten! Tja, das sah nicht gut aus und ich überlegte wo und wann jetzt genau für mich Feierabend sein würde, wenn ich bedenke das wir auch wieder zurück müssen. Es sollten auch noch Zelte abgebaut und nach Esso abgestiegen werden was wohl auch noch ca. 4 Stunden Abstieg heißen würde.
Ja, so eine Situation hatte ich schon lange nicht mehr! Oder vielleicht doch, nur in einem anderen Kontext? Denn das Gefühl was sich einstellte, dachte ich, das kannte ich genau!Was ist mit Arbeitssituationen, was ist mit Situationen im meinem Leben wo ich auch an meine Belastungsgrenze kam, mich entscheiden musste ob es gut ist weiter zu gehen, oder ich vielleicht über meine Grenzen gehe? Nur manchmal viel subtiler und über einen längeren Zeitraum als so direkt wie ich es jetzt hier erlebe? Ist das nicht die selbe Lernaufgabe? Tja, da hängste nu im Kieferngestüpp und fängst an dir philosophische Gedenken über das Leben zu machen! Paradox oder?
Ich entschied mich für die Zeit, bis um 12 Uhr gehe ich mit, wir kämpfen uns weiter durch, versuchen weiter Aufnahmen zu machen, dann is Pumpe, umkehren! Gesagt...getan und wir schaffen tatsächlich auch unser Tagesziel dann kämpfen wir uns zurück!
An einem Fluss lassen wir Literweise Wasser in uns hinein laufen und nach einer kleinen pause geht es wieder bergauf, klettern, ja wieder durch und in Zwergkiefern! So etwas irres! Zwergkiefern, Fels, Zwergkiefern. Nach 200 hm lässt die Steigerung etwas nach und es tauchen Moos, - Grasfelder zwischen den Zwergkieferfeldern auf. Es läuft sich hier wie im Tiefschnee und ich und Micha erinnern uns an unsere Schneeschuhtouren, einer geht vor und spurt, dann der Andere. Auch wenn es nur der psychologische Effekt ist, es hilft!
Dann halte mich durch das Absingen von Mantren bei Kraft und Laune...
Taumelnd legen wir die letzten Meter zurück, durch Hüfthöhe Stauden und Ebereschen, das GPS sagt noch 195m, man sieht nix außer den unendlichen Busch. Die grüne Hölle von Kamtschatka schießt es mir durch den Kopf! Und ganz plötzlich öffnet sich die Pflanzenwand vor uns und wir stehen auf unserer Lichtung. Es ist 15Uhr, Umfallt...!
Um ca. 18 Uhr sind wir kurz vor Esso...


Ende der Durchsage für Heute!

Ben






Sonntag, 5. August 2012

01. - 04 August 2012, Galimarkipfad, Arbeitseinsatz Spatenbrigade "Ernst Thälmann"












Arbeitseinsatz der Spatenbrigade „Ernst Thälmann“ in der kamschattischen Wildnis! Am Mittwoch dem 1. August 2012, Schweitzer Nationalfeiertag, Gruß an alle Eidgenossen, starteten wir in Richtung unserer nächsten Baustelle in der Wildnis des Galimarkisees im Süd-westlichen Teil des Bystrinski Naturparks. Hier gab es eine Menge zu tun, darum teilten wir uns in Zwei Gruppen. Ich, die Genossen Cheiko und Anton wollten eine Besedka ( Unterstand ) und eine Brücke bauen. Die  Genossen Adria, Clemens und Micha durften eine Toilette an einer Hütte errichten. Beide Baustellen lagen 7km auseinander sodass wir die Tage getrennt voneinander verbringen würden.
Russlan der Fahrer des Naturparks fuhr uns freundlicherweise in einem Abenteuerlichen Ritt noch bis an den Rand des Pferde fades zum Galimarkisee, ab da hieß es Essen, Wasser, Zelte, Werkzeuge und 2 Kilogramm Nägel pro Gruppe verstauen und schultern, dann gings im Gänsemarsch hinauf auf die Passhöhe. Der Weg schlängelte sich erst durch üppigen Lärchenwald mit Heckenkirschengebüschen und Stauden, dann durch Hochstaudengestüpp, gefolgt von Kriechweiden und Birkengestrüpp. Die Landschaft wurde alsbald immer offener und Felsiger, hier wuchsen nun viele Heckenkirchen und der Boden war zwischen den Felsen von Heidelbeeren und anderen Heidekräutern bedeckt.
Wir scheuchten unterwegs einen Bären auf der sogleich beim Anblick unserer bimmelnden Karawane von 6 schwer bepackten Leuten in die höheren Lagen der Hochstauden flüchtete. Ok, nun doch wieder mehr zusammenbleiben! Als wir den Sattel überquert hatten ging der Pfad wieder Berg ab in eine sehr feuchte Senke die mit Hochstaudenwäldern gefüllt war und wir versanken jetzt ständig im Matsch. Der Boden war durch die dichte Vegetation nicht mehr auszumachen und somit wurde  jeder Schritt zur unvorhersehbaren Rutschpartie. Spannend und für mich eine Tortur denn mein Knie war schon seit einer Stunde wieder am Schmerzen. Scheiße! Was mache ich hier eigentlich wieder, sollte ich nicht lieber ohne schweres Gepäck auf dem Rücken in Esso rumhängen, leichte Wanderungen unternehmen oder lustig mit nen Paar heißen ewenischen Mietzen im Bassin von Esso rumschwimmen? Nein, ich hatte mich entschieden, ich wollte mit in den Busch, dabei sein, mit den Anderen in der ursprünglichen Wildnis des Bystrinski Parks verschwinden. Und das tat ich ja nun und meine Füße auch, die verschwanden samt Stiefeln unter dem Hochstauden und tief im darunterliegendem Schlamm! Tja, man sollte halt vorsichtig sein mit seinen Wünschen!
Mehrere überquerte Bäche und durchstreifte Dickungen später, und mit fies schmerzendem Knie, kamen wir nun endlich an unserer vermeidlichen Baustelle an. Es wurde Chainik (Teepause) und dann gingen die Anderen weiter und wir machten uns in der Mittagshitze ans Werk.
Wir rissen der maroden Hütte das Dach vom Kopf und demontierten den Dachstuhl, dann holten wir die alten Pfeiler aus dem schlammigen Boden, gruben neue Pfostenlöcher und stellten ein neues Ständerwerk. Ein neuer Dachstuhl drauf, alles zusammengenagelt, fertig ist der Dachunterbau dann konnte ick auch schon wieder die ersten Dachbretter aufbringen. Ick saß nun auf den Dachbalken mit Kuhfuß und Hammer, hangelte mich von einem Balken zum Nächsten und es kam mir so vor als ob ick noch nie wat anderet in meinem Leben jemacht hätte. Die Arbeit ging mir leicht von der Hand und als Cheiko schon das Abendessen zubereitete war die erste Hälfte des Daches wieder hergestellt!

Irgendwie schliefen wir aber alle unruhig in dieser Nacht, beschienen von Großmütterchen Mond die heute in ihrer ganzen Fülle hell auf uns hinab schien und den Draht unserer Bärenalarmanlage im Mondlicht erglitzern ließ. Es wurde klar und kalt! Und wehe Dem der nicht in einen guten Schlafsack eingepackt war. Dies musste leider Genosse Anton erdulden der die halbe Nacht lustig vor sich hin fröstelte und morgens völlig steifgefroren im Morgentau neben der kalten Feuerstelle stand. Es schien mir als ob er, vielleicht aus Ermangelung an Kleinholz, mit seinem Blick die noch vorhandenen Holzkohlestückchen zur Wärmeabgabe  überreden zu wollen. Leider waren diese auch von der Mondin kaltem Hauch mit feinsten Tautröpfchen überzogen und somit nicht zur Zusammenarbeit mit dem fröstelnden Genossen bereit. Ja, da half auch nicht das wiederholte absingen der Internationale sondern nur die beherzte Gang durchs nasse, hohe Gras und eine Kletterpartie in die oberen Felsen, die Großvater Sonne schon mit seinen wärmenden Strahlen getrocknet hatte.
Birkenrinde rein, Tipi gebaut, Streichholz ins Nest und fix das Feuerkind angelockt, somit konnte Genosse Anton doch noch mit heißem Schwarztee aufgetaut werden und auch seine Arbeitsbereitschaft wart wieder hergestellt. Während ick mich wieder in die Höhe schwang, suchten Anton und Cheiko eine gute Stelle für den Brückenbau. Als bald zerrten die Beiden die 7m langen, tierisch schweren Lärchenstämme durch den Fluss zur Brückenbaustelle wo sie ein Bett aus Flusssteinen errichteten und die Stämme in ihre Position hebelten. Man lernt hier wirklich mit wenigen Mitteln umzugehen und zu improvisieren, irre!
Ick war fertig mit dem Dach und sägte die Planken der Brücke zu die wir sogleich aufbrachten und festnagelten, gegen Mittag war dann auch die Brücke fertig.
Am Nachmittag erstellte ich noch mit den Restbrettern eine Dacherverlängerung und eine unter dem Dachvorsprung liegende Feuerstelle, Cheiko und Anton perfektionierten die Brückenkonstruktion und auch dieser arbeitsreiche Tag und erfolgreiche Tag zu ende.
Stolz wie Bolle machten wir uns am nächsten Tag, nachdem wir vergeblich bis um 3Uhr  auf die Anderen gewartet hatten auf den Rückweg. Es blieb nur der gute alte Zettel zurück da hier nix is mit Handynetz.
Mit einem Tag Verspätung kehrten auch endlich die Genossen  Adria, Michael und Verbindungsgenosse Clemens unversehrt nach Esso zurück, sie hatten eben etwas mehr Zeit benötigt und einen weiteren Tag in den unendlichen Weiten Kamtschatkas verbracht um der Nachwelt ein Formvollendetes Klo zu hinterlassen.

Na dann jetzt kann man wieder auf dem Weg zum Galimarkiesee, den sowieso nur der ewenische Rentierzüchter oder der Wildniswanderer mit Guide entlangpilgert, trockenen Fußes über die Brücke des Vertrauens schreiten, sich auch an Regentagen die klammen Füße an der überdachten Feuerstelle des Kamschattischen Berliner Hauses wärmen oder seine Notdurft in der neuen Toilette des Galimarkikardons verrichten.
So hat die Spatenbrigade „Ernst Thälmann“ zum Ruhm der Deutschen Demokratischen Republik, die Fortschritt der Baukunst in die Weiten des wilden Bruderlandes getragen und wir spüren förmlich die anerkennenden Blicke der Gründerväter unseres kleinen Aufbaustaates auf uns ruhen! Oder war es doch nur gleißende Sonnenstrahl, der durch die fernen Waldbrände etwas milchig verhangenen Himmel, etwas zu lange auf mein Hirn gestrahlt stahlt hat? Man weiß es nicht genau.

Na dann…

Ben & Cheiko