Samstag, 22. Dezember 2012

21. Dezember, Berlin, Deutschland, ...so endet das Ganze nun!



...so endet das Ganze nun!

Heute ist Wintersonnenwende, Winteranfang, Ende des alten Erdenjahres und der Beginn eines neuen Zyklus! So endet das Ganze nun, ich bin jetzt wieder zurück in Berlin, Deutschland, meiner Heimat, bei meiner Liebsten...das ist schön, ein Teil von mir ist jedoch noch nicht da, der ist noch in den weiten leeren Schneelandschaften von Kamtschatka, während ich gemeinsam mit vielen Menschen in der U-Bahn sitze oder hier beim Arbeitsamt sitze. Der Jetlag nagt noch an mir und mein Körper ist noch nicht ganz auf mitteleuropäische Zeit eingestellt, das Wetter ist grau und nasskalt. Weit weg scheint das letzte halbe Jahr, und doch ist es noch lebendig in mir, meine Seele braucht zeit, Sie ist noch ganz durcheinander das spüre ich ganz deutlich! Alles ist auch hier, in Berlin, jeden Tag anders das habe ich jetzt verstanden. Ich weiß noch nicht was ich tun werde, aber ich werde erst einmal inne halten, ankommen, die Raunächte nutzen um zu träumen, Resümee zu ziehen. Dann wird irgendwann wieder in mir Platz für Neues sein, für eine neue Vision und Kamtschatka wird zu einem Teil meiner Geschichte, meiner Erinnerung...
Ich bin Dankbar für alles erlebte und freue mich auf das was jetzt kommt!
So sende ich euch Grüße und Wärme von meinem Feuer wo ich mit vielen lieben Menschen im Kreis sitze und in die Flammen schaue, lasst es euch an nichts mangeln in diesen Tagen und achtet auf das was ihr träumt, träumt euch ins neue Jahr!

So verabschiede ich mich von euch, so endet dieser Blog!


Donnerstag, 13. Dezember 2012

12. Dezember, Uksitschantal,...Skitour zum Kloutsch!




...Skitour zum Kloutsch!

Bei wunderschönem Sonnenwetter und einer Tageshösttempertur von – 27C° beschloss ich eine kleine Skitour zum Kloutsch, den heißen Quellen im Uksitschantal zu machen. Ich fand eine paar Langlaufskier in der Rumpelkammer der Basa und sogar passenden Schuhwerk. Ich murmelte mich ein und begab mich auf die Straße, schön das man hier direkt vor der Haustüre losfahren kann da A) hier der Schnee so festgefahren ist da er die nächsten 4-5 Monate liegen bleibt und B) wir am Rande von Esso wohnen. Also fuhr ich los, doch fuhr es gar nicht so schön wie ich es erwartet hatte. Was bei den Ochotnikis zu wenig rutschte, rutschte jetzt zu viel. Ich verstand die Welt nicht mehr wieso sich das so doof fuhr, ich stand doch schließlich seit ich 3 oder 4 Jahre alt war fast jeden Winter auf Langlaufskiern, was war da denn jetzt nicht in Ordnung? Hatte ich das Skifahren verlernt? Mit Fragezeichen im Kopf rutschte ich noch eine Weile recht unsicher wie ein Anfänger dahin bis ich mich entschloss mal die Skier ab zuschnallen und mir die Unterseite zu besehen. Ha, da war das Rätsels Lösung, hätte ich gleich darauf kommen können, die Langläufer hatten gar keine Steigriefen unter dem Fußbereich. Oh, das war schon lange her wo ich das Letzte mal mit Skiern unterwegs war die einfach nur glatt waren. Wie war das noch mal? Ich erinnerte mich dunkel das ich mit meinem Vater im schönen thüringischen Wintersportort Frauenwald vor den Touren in der Garage stand und auf meine Skier neben dem normalen Skiwachs auch noch kleine Kreuze unter den Fußbereich machte damit ich besser mit diesen Steigen konnte und nicht immer wieder wegrutschte. Tja, doch nun hatte ich keinen Wachs und schon gar keinen für die verschiedenen Temperaturen und Schneequalitäten. Wenn dann würde ich eh Wachs für Eisschnee brauchen...;-)
Nach den ersten Paar Metern hatte ich meine Fahrtechnik etwas angepasst und nun ging es ganz flott voran, aber es war kalt, wirklich verdammt kalt und bald verzog ich mein Gesicht unter die Gesichtsmaske meiner Fellchabka. Dann war das Atmen wieder angenehmer und kniff nicht mehr so in der Nase. Trotz der flotten Bewegung waren meine Fingerspitzen und Fußspitzen nach einer halben Stunde gefroren und als ich später am Klutsch ankam konnte ich nur noch unter ganzem körperlichem Einsatz ein paar Fotos schießen. Dafür musste ich mich danach doppelt so schnell von dannen machen damit ich wieder warm wurde. Die heißen Quellen hier dampften lustig vor sich hin und das Quellenhäuschen war ein einziger Eiszapfen. Alles war ganz und gar gefroren und war mit wunderschönen Eiskristallen übersät. Menschen waren hier in der letzten Zeit wohl nicht so oft, doch fand ich dafür viel interessante Trittsiegel und Fährten der verschiedensten Tierarten die anscheinend hier immer wieder zu den Heißen Quellen kamen. So brachte ich noch eine ganze Weile mit der Nase dicht über dem Boden beim Spurenlesen zu das ich garnicht merkte wie die zeit verstrich und die Sonne langsam wieder hinter den Bergen verschwand, was zur Folge hatte das die Temperatur wieder empfindlich absank. Oke, ich musste es einsehen eine Riesentour würde es heute nicht mehr werden dafür war ich offensichtlich nicht gut genug ausgerüstet, es braucht wohl bei diesen Temperaturen Überhandschuhe und dicke Winterstiefel statt die dünnen Langlaufschuhe. Das hieß für das nächste mal, eben keine Langlaufskier sondern Ochotnikis mit meinen dicken Schuhen! Zudem stellte ich fest das mit den Langläufern hier im gefrorenen Tiefschnee und unebenen Gelände nicht sonderlich viel zu hohlen war und ich nur auf den Spuren der Schneemobile einigermaßen gut voran kam. Wieder ein Pluspunkt für die Ochotnikis mit denen das fahren auf dem Tiefschnee kein Problem war!
Auf dem letzten Anstieg zur Basa hoch konnte ich noch mal richtig Power geben und siehe da, mit verstärktem Stockeinsatz lies sich auch mit den Langläufern diese Steigerung bewältigen, doch kostet es viel Kraft und als ich an der Basa an kam war ich für Heute erst einmal bedient.
Danke Väterchen Frost für diese intensive Erfahrung...

07. Dezember, Tolbatschik Vulkan,...schwarzer Schnee!



















...schwarzer Schnee!

Als wir am Donnerstag von unser spannenden Skitour vom Kardon zurück kamen, dachte ich jetzt müsse ich mich erstmal von den ganzen Eindrücken der letzten Tage erholen und ich spürte das es wieder Zeit braucht um sich alles setzten zu lassen, da erzählte Rebecca uns das der plosky Tolbatschick ausgebrochen wäre. Genau der 3000m hohe Kratergipfel den wir im Sommer bestiegen hatten, niemand hatte hier mit einem Ausbruch gerechnet und es gab kaum Anzeichen dafür. Lediglich für den Kljutschevskoi, einer der großen Gipfel neben dem Tolbatschik, war im Sommer eine leicht erhöhte Aktivität festzustellen gewesen, was aber noch nicht hießt das es in der nächsten Zeit zu einem Ausbruch kommen würde, so sagte man uns damals. Aber mit dem Ausbruch des Tobatschik hatte nun wirklich niemand hier gerechnet. Am 29. November brach also der Eisriese zum erste mal seit 36 Jahren wieder aus, in einer gewaltigen Explosion, die eine Staubwolke weit in die Atmosphäre schoss und noch 300 Km weiter Richtung Osten regnete es am Atlantik Gesteinsbrocken. Glücklicherweise über dem Atlantik, auf unbewohntem Gebiet, und die Ortschaft Kosarjevsk am Fuße des Tolbatschik wurde, da sie westlich des Vulkans liegt, nur mit einer dicken schwarzen Ascheschicht überzogen. Es war schon ein komisches Bild denn jetzt lag in Kosarjevsk überall schwarzer Schnee, die Dächer der Häuser waren schwarz, die Bäume waren schwarz, die Straßen und die Holzstapel vor den Türen der Häuser waren mit schwarzem Schnee bedeckt und wir sahen sogar einen schwarzen Hund! ;-) Es war ein wenig unglaubwürdig und surreal das ganze Szenario was man uns am Donnerstag Abend schilderte , die ganze vor 1 Jahr neugebaute Leningradskaja Hütte und der tote Wald, die ganze wunderschöne Landschaft die ich im Sommer so bewundert hatte und die mich in ihren Bann gezogen hatte war nicht mehr da, einfach weg, hatte aufgehört zu existieren, war verbrannt und begraben unter Millionen Tonnen von glühender Lava. Alles vernichtend wälzte sich der erste Lavastrom am 29. November Talabwärts und ab 5. Dezember ein Zweiter. Niemand konnte genau sagen wie lange der Ausbruch dauern sollte, aber den ganzen Tag über kam es zu erneuten Eruptionen, hatte der Tolbatschick wieder eine sehr aktive Phase. Nun was denk ihr was wohl jetzt kommen musste? Ich für meinen Teil war total verblüfft ob der ganzen Geschehnisse und jetzt setzte man ein drauf!
Am Abend kam Russlan, ein Inspektor des Naturparks, zu uns in die Basa und fragte ob wir nicht morgen mit ihnen und einer Delegation aus dem Nalitschevo Park mit zum Tolbatschick fahren wollten, für 3 von uns wäre Platz. Wir waren allerdings zu Viert, aber es gab nur Drei Plätze in Russalns Auto. Micha trat edelerweise zurück und ließ uns den Vortritt, denn er hatte wohl wichtiges mit Xjuscha zu tun! ;-) Morgen früh um Fünf Uhr in der Frühe sollte es dann also losgehen, böse Zeit, ganz böse Zeit, aber wer diskutiert schon lange wenn er solch ein Angebot bekommt und in die Nähe eines frisch ausgebrochen Vuklkans fahren kann.
Und ja es war früh, quasi mitten in der Nacht, als mein Wecker klingelte, es war mir so als ob ich mich erst vor einer Stunde hingelegt hätte, aber ich war schneller aus dem Bett als ich gedacht hätte. Unten war schon reger Betrieb es wurden Stullen geschmiert, Tee gekocht, dann gings auf die Autos und mit Vollgas auf die kamtschattische Winterpiste! Das liebe Leute, war tatsächlich schon ein Abenteuer für sich wie der Kleinbus mit Allradantrieb ab und an auf der vereisten Piste hin und her schlingerte. Aber Russlan ist ein routinierter Fahrer und somit hatte er auch bald seinen Fahrstil den eisigen Pistenverhältnissen angepasst und wir rollten die nächsten drei Stunden bis nach Kosarjevsk recht sicher dahin. Dort wurden noch zwei Ortskundigen Inspektoren von Kljutschevskoi Naturpark eingesammelt und dann ging es auf der selben Piste die wir im Sommer mit dem guten geländegängigen LKW in turbulenter Fahrt bewältigt hatten. Genau diese Strecke würde wohl das nächste große Abenteuer werden, dieses Mal war zwar Winter doch mit unserem kleinen allradbetriebenen Mitsubishi Delicia standen uns trotzdem ein paar Flussüberquerungen bevor des sich gewaschen hatten und eine Strecke die wahrscheinlich auch im Winter im Tiefschnee jenseits von gut und böse war. Aber gut es war ja nicht das erste mal das wir hier auf Kamtschatka Wege fuhren die in Deutschland sicherlich niemand ohne einen vollwertigen Geländewagen wenn überhaupt befahren würde. Auf dem Weg durch die Walachei waren tatsächlich schon eine ordentliche Fahrspur ausgefahren, das hieß es gab schon ein paar Menschen auf Jeeps die sich auf den Weg zum feuerspeienden Tolbatschik gemacht hatten und wahrscheinlich lebendig wiedergekehrt waren. Nun erfuhren wir auch unser genaues Fahrziel, nämlich sollte es soweit gehen wie wir eben kamen und das war wie man uns sagte direkt bis an die Lavazunge heran. Keiner wusste von uns so genau was das nun heißen würde und wie weit wir wegen den Waldbränden überhaupt herankommen würden. Nun ging es wieder durch den Busch der dieses Mal nicht grün war sondern weiß, grau, schwarz war wegen der Ascheschicht die auf allem lag. Als wir am großen Fluss angelangten war ich sehr gespannt wie wir die 4-5 kleinen Ströme mit dem guten Bus durchwaten würden oder ob wir wegen den vereisten Abbruchkanten steckenbleiben würden da wir nicht wie die anderen Geländewagen über solch eine große Bodenfreiheit verfügten. Russlan überzeugte aber auch hier das fahrerisches Können und Erfahrung im Gelände viel, viel Bodenfreiheit weg machen konnten. Langsam aber stetig wühlte sich der kleine Mitsubishi erst durch den großen und anschließend durch die kleinen Flüsse, durch Kuhlen und über Hügelpisten auf denen das Fahrzeug beträchtliche Schräglagen erreichte die durch Seitenwechsel seitens der Passagiere ausgeglichen werden mussten um den Wagen am Wegrutschen oder Umfallen zu Hindern. Eine sehr spannende quasi interaktive Autofahrt im Gelände an der Grenze des Machbaren. Und nach 3 Stunden rumgerödel im Schneckentempo erschien eine riesige Schwarze Wand und zwei riesige Rauchsäulen auf der rechten Seite hinter den Bäumen und wenig später sahen wir das hier definitiv das ende der der Piste war, wo der Weg früher einmal weitergegangen war hatte jemand einfach eine 15m hohe Wand aus dampfender und zischender Schlacke abgekippt die sich mehre Kilometer in der Länge und Breite hin ziehen musste. Es war ein gigantisches und monströses Bild das mir und uns allen ordentlichen Respekt einflößte und wir uns dem dampfenden, zischenden, Steine spuckenden, Bäume umwerfenden Ungetüm nur zögerlich nährten . Hier konnte man direkt in die glutrote, dampfende, nach Schwefel stinkende Vergangenheit unsres Planeten sehen. Immer wieder gingen Schuttlavienen ab, wurden Bäume langsam umgewalzt und Erdmasse aufgetürmt und es stiegen Schwefelwolken und heißer Dampf wie aus einem Druckkessel auf. Es lebte und bewegte sich langsam vorwärts, was wir hier sahen war der äußerste Rand einer der zwei großen Lavaströme die sich unaufhörlich vom Tolbatschickrater hinab ins Tal wälzten. Die Oberfläche war hier an den Rändern schon etwas abgekühlt doch brodelte es unter der äußeren Schicht noch kräftig, was man an einigen Stellen gut sehen und fühlen konnte aus denen immer wieder zähflüssige glutrote Magma quoll und einem die Hitze entgegen schlug. Vorsicht war geboten und ständige Wachsamkeit da die Lavazunge noch in Bewegung war, sich noch weiter ausdehnte und dabei eben immer wieder Bäume umwarf, Stein und Schlackelavienen abgingen und Dampffontänen abgingen. Der Krater selbst war in eine dunkle Wolke gehüllt so das wir immer nur das Beben, Rumpeln und Zischen in der ferne vernehmen konnte was nicht unbedingt mehr vertrauen in die Stabilität der Lage schaffte. Die ganze Szenerie war mehr als gespenstisch und alle wirkten immer irgendwie auf dem Sprung, leicht nervös und freudig erregt, immer bereit sofort in die Fahrzeuge zu springen und abzuhauen. Doch mit der Zeit gewöhnte man sich an die Geräuschkulisse und den gigantischen Anblick der urzeitlichen Kraft. Es wurde gegessen, Tee getrunken und Photographiert und nach einnem kleine Fußmarsch bot sich sogar die Möglichkeit ein Stück auf die Lavazunge heraufzuklettern um eine Blick über den Der Aufstieg war wie auf glühenden Kohlen und nicht ganz ungefährlich, aber er lohnte sich und was sich darbot war wirklich atemberaubend wie auch ganzen übelriechenden Gase die überall empor quollen. Ich denke ick kann mir jegliche Beschreibung sparen denn wie das ganze aussah und sich anfühlte kann ich wirklich nicht im Original wiedergeben, das es für euch einen Sinn machen würde. Aber eins kann ich sagen, es mit Abstand das beeindruckendste was ich jemals in meinem Leben sehen durfte und ich bin zutiefst dankbar das mir dieser Einblick gewährt wurde. Ich weiß nicht ob ich so etwas in meinem Leben jemals noch einmal sehen werde! Danke!
Nach insgesamt 12 stunden fahrt und völlig überwältigt von den vielen Eindrücken kamen wir Abends um 8 Uhr total erledigt von der langen Fahrt, aber irgendwie glücklich wieder an.


Ende der Durchsage...

Montag, 10. Dezember 2012

05. Dezember - 06. Dezember, Bystarajatal - Esso, ...ungebetener Besuch!









...ungebetener Besuch!

Als wir heute aus unsere Schneehöhle krochen war es recht frisch, doch belohnte die Welt den dem Schlafsack entwachsenem mit einem schönen Tage. Wir machte uns heute mit unseren Ochotnikis erst rechts des Tales an der Bystraja entlang, um schon einmal die Beschaffenheit des Weges auszuspähen der uns morgen zurück nach Esso bringen sollte. Weit hinein führte uns unser kleiner Ausflug in die Weite des Bystrajatales, entlang des Flusses und durch kleine Uferwäldchen und Gestrüpp. Jetzt war wieder die richtige Zeit sich von den Fährten der Tiere führen zu lassen um mehr über ihr Leben hier draußen zu erfahren. Kleine Geschichten erzählte uns jede Fährte, jede Fraßspur verriet uns etwas über Den der hier mal da nach essbaren suchte. So vergingen Stunde um Stunde ohne das wir es bemerkten und dann war es an der Zeit zum Kardon zurückzukehren um das Funkgerät in Gang zu setzten denn wir hatte seit gestern Order uns drei mal am Tag zu bestimmten Uhrzeiten zu melden. Nachdem wir nun etwas dem Kauderwelsch des Funkverkehrs zugehört hatten und unsere Meldung abgegeben hatten machten wir uns wieder auf in die weiße Weite es Tals. Diesmal wollten wir zur anderen Seite entlang der Bystraja fahren um zu sehen wer sich hier so herumtrieb und was seine Spuren so alles über Ihn erzählen konnten. Die Sonne kam schließlich heraus und ließ den Schnee vor unseren Skiern leuchten und zauberte das schönste Glitzern auf die gefrorenen Eisgebilde die sich im Fluss neben uns gebildet hatten. Unser schritt war leicht und somit glitten wir durch die verschneite Weite des Bystrajatales dahin. Ab und zu scheuchten wir im letzten Moment Schneehühner auf und konnten viele interessante Dinge über sie in ihren Fährten erfahren, fanden Fraß und Ruheplätze, Schlafkuhlen und Kuhlen mit Losung. Ich war zufrieden und glücklich, fühlte mich geerdet und nah bei Dingen um mich herum. Alles was mein Auge erblickte war schön und interessant und ich konnte mich nicht satt sehen an den den immer neuen Farben die das schwächer werdenden Sonnenlicht auf die Schnee und Eisflächen um mich herum warf. Unglaublich schön, weit und groß!
Die Untergehende Sonne machte uns darauf Aufmerksam das wir uns auf den Rückweg machen sollten, denn es wurde wieder empfindlich kalt und wir wollten heute Abend noch mal ordentlich die Banja einheizen um uns in ihrer dampfenden Wärme zu entspannen. Wir wollten uns im Zwielicht der Kerzen der reinigenden Energie des Dampfes und der Kraft des Gesangs hingeben auf das wir morgen gereinigt und mit frischer Energie , mit Gepäck und auf Skiern unseren Weg entlang des Bystrajaflusses nach Esso finden würden. Außerdem galt es heute Nacht noch an Stelle des hl. Nicolaus, die kleinen Bewohner des Dimschikanski Kardons mit Brotresten, Käseresten, Nüssen , Haferflocken und Mohrrüben zu beschenken. Ich hatte in den letzten Tagen wohl immer wieder die Fährten der kleinen Tiere im Schnee bemerkt und einige bis zu ihren Eingängen hin verfolgt, somit gab es genügend Plätze an denen wir im Schutze der Dunkelheit unsere Geschenke niederlegen konnten.
Während wir Holz hackten, die Banja anfeuerten und Eimer weise Wasser aus dem Fluss herbeischafften war es bereits Abend geworden. Und als wir uns gegen 21 Uhr in der Inspektorenhütte bereit machten in die Banja hinüber zu gehen kam ein Schneemobil samt Narte bis vor unsere Tür gefahren. Wir vermuteten da es vielleicht Andrej mit Ninja und Rebecca sei die vielleicht mit uns in die Banja wollten doch als die Tür auf ging blickte wir in fremde korjakische Gesichter. Diese waren gekommen weil sie einen weißen Sack mit Gummistiefeln suchten, den ein Freund von ihnen hier angeblich vor zwei Wochen untergestellt hatte und den sie nun nach Esso schaffen wollten. Gut, wir boten höflicher Weise Chai an und nach einer halben Stunde waren die Herrschaften endlich bereit mit Micha in eines der anderen Gebäude zu gehen wo der vermeidliche weiße Sack nun stehen sollte. Doch nach ausgiebigem Suchen fand sich kein Sack weißer Sack mit Gummistiefeln und ich machte mich schon mal in die Banja um Holz nachzulegen und Wasser nachzugießen damit wir nachher warmes Wasser zum Waschen hätten. Nach einer halben Stunde wurde ich langsam ungeduldig, nach einer Weiteren langsam aber sicher Ungehalten! Konnten den denn verdammt noch mal diese Leute nicht bei a) Tageslicht solch eine Suchaktion starten. b) nicht einfach mal vorher anrufen, und nicht einfach Abends um neun in unserer Tür stehen? Und verdammt, Micha sollte ihnen jetzt endlich sagen sie sollten sich zum Teufel scheren und gefälligst morgen bei Tageslicht wiederkommen! Der Plan war heute einen schönen, ruhigen und besinnlichen Abend in der Banja zu verbringen und nicht in einer Nacht und Nebelaktion irgend einen vermeidlichen Sack mit Gummistiefeln zu suchen. Und da viel es mir wieder ein, ich war in Russland, hier ist Pläne machen wirklich völlig sinnlos, da es eh immer anders kommt als man es sich vorgestellt hat! Wie konnte ich das nur vergessen, danke für die eindrückliche Erinnerung. Dachte ich bei mir, und ein paar Minuten später stand Micha mit wutverzerrtem Gesicht bei mir in der Banja und beschwerte sich lauthals über die Dreistigkeit mancher Menschen und deren Taktlosigkeit. Zehn Minuten später saßen wir im warmen Halbdunkel und ließen uns vom heißen Dampf des Wassers einhüllen. Er lies uns das meiste des Ärgers aus schwitzen und uns recht ruhig in die Hütte zurückkehren wo wir sogleich in einen tiefen Schlummer fielen aus dem wir erst durch Michas Handywecker am nächsten Morgen erwachten. Wir packten unsere sieben Sachen räumten noch alles auf und machten uns mit den Ochotnikis und mit unseren Rucksäcken auf den abenteuerlichen Weg entlang der Bystraja in Richtung Esso. Unser weg sollte irgendwann vor Esso wieder auf die Schneemobilstraße zum Dimschikanski Kardon treffen, doch keiner wusste wie der Weg bis dahin im Winter aussehen würde.
Es war sehr schön und spannend, einige Passagen waren recht schwierig zu überqueren, doch im großen und ganzen kamen wir ohne große Probleme recht gut voran und landeten nach ca. 4-5 Stunden bei den ersten Häusern von Esso um wenig später in der Basa einzutreffen wo nach kurzer Entspannungsphase schon wieder der nächste Wahnsinn auf uns wartete... ;-)


03. Dezember - 04. Dezember, Dimschikanski Kardon, ...dunkle Tage & helle Nächte!








...dunkle Tage & helle Nächte!

Ab Sonntag Abend waren wir wieder zu zweit, die Herren des Kardons waren wieder allein auf ihrem Bollwerk gegen die Wildnis. Der letzte Vorposten der Zivilisation wollte wohl behütet sein in diesen stürmischen Tagen der nahenden Wintersonnenwende. Unser Tage wurden nun immer kürzer teilweise wurde es auch gar nicht mehr richtig Hell wenn Schneewolken die Sonnenball verhüllten, die Dunkelheit kamen nun schon früh und wichen dem Licht meist erst um 9uhr am Vormittag.
Am Montag lasen wir am Vormittag lange und gingen erst gegen Mittag in den Schnee hinaus, Micha beschäftigte sich mit Holz hacken und ich fing an nachdem ich die Wege wieder von Schnee befreit hatte, mir einen Weg in ein großes Schneefeld zu schaufeln um dort Schneeschollen ab zustechen, um diese und den restlichen Schnee zu einem mannshohen Haufen aufzutürmen. Mit dem Einbruch der Dämmerung hatte ich mein Tagesprojekt fertigstellen können und nach dem Festklopfen des großen Schneehaufens schlurfte ich mit langen Armen und schmerzen in allen Gliedmaßen in die Inspektorenhütte wo ich und Micha heute Quartier bezogen hatten um mich blindlings auf das Bett fallen zu lassen wo ich auch die nächste Stunde nicht mehr aufstand. Heute Nacht war es sternenklar und mal wieder bitter kalt draußen, unser Thermometer zeigte an die – 25C° ich noch mal Holz hohlen ging für die Nacht. Nach dem Essen lasen wir noch ein wenig und dann war jeder mit seinen Gedanken für sich allein. Großmütterchen Mond kam hinter den Berggipfeln hervor, tauchte die nächtliche Berglandschaft in ein helles bläulich- weißes Licht und die weißen Gipfel der Bergketten bildeten einen atemberaubend schönen Kontrast zu dem pechschwarzen, klaren Nachthimmel an dem tausende und aber tausende Sterne funkelten. Ruhig blies ich die Kerze aus und legte ich mich zur Nachtruhe, ließ die letzten Stunden des Tages noch mal im Geiste revuepassieren dachte, dankte dem Sternenvolk das es heute Nacht den Frost auf die Erde sandte und der die kleinen Eiskristalle in meinen Schneehaufen fest aneinander frieren lassen würde damit ich morgen eine Schneehöhle in den Haufen graben konnte. Ein schönes Projekt, und ich war dankbar es hier dank des vielen Schnees und der niedrigen Temperaturen so einfach realisieren zu können. Selig segelte ich in die Traumwelt hinüber...bis ich auf dem Zenit der Nacht erwachte, es war fast Tag hell denn die Mondin schien mir mitten auf mein Gesicht. Ich hatte den Eindruck das ich noch schief aber es war alles ganz klar und deutlich, der Schnee funkelte verwunschen und die Sterne blinkten im schwarzen Glanz des Universums, und da war es wieder, der Grund weshalb ich eigentlich erwachte. Ein sanftes Schnurren drang an mein Ohr und ich spürte eine fast leichte Vibration auf meinem Bauch, in dünnen Schleiern stieg mir plötzlich ein mir wohl bekannter Geruch in die Nase als ich mich aufsetzte, um mich zu ordnen und aus dem Fenster zu sehen. Ich weiß nicht wie lange ich gedankenverloren dort saß und mich von Großmütterchen bescheinen ließ, als mir immer wieder ein Lied durch den Kopf ging, das in dem Inneren meiner Seele widerhallten schien. Irgendwie schwang alles in mir mit der Melodie, irgendein Teil von mir sag bereits...

Ancestors sky people all here today
Hear my heart song. Hear my respect.
Hear my love. Hear my grateful tears fall.
I am truly blessed. You are truly blessed. We are truly blessed.

Und als ich gewahr wurde wann ich dieses Lied zum letzten mal für jemand gesungen hatte, sah ich es endlich, draußen am klaren, tief schwarzem Nachthimmel zwischen den weißen Bergen hob sich eine Silhouette ab. Zwischen zwei vom Mondschein weiß leuchtenden Berggipfeln, bildete das Dunkel dazwischen einen Katzenkopf mit mir vertrauten Zügen der mich durch funkelnde Sternenaugen ansah. Schnurren erfüllte wieder die Luft, Zuneigung stieg in mir auf und machte sich in meinem Körper breit, dann fühlte ich Trauer aufsteigen. Alles kam und ging , hob und senkte sich wie die Wogen eines inneren Meeres, alles sang, schnurrte, Minute um Minute, Stunde um Stunde bis ich innerlich leer war, das Schwarz zu Grau, hell graublau zu rosarot wurde...Großvater Sonne hinter den Gipfeln rot empor kroch und einen neuen Tag brachte, ein neues Leben! She`s gone! Schlaftrunken ging ich zu Bett und viel in einen tiefen Schlaf.

Es war eine komische Nacht und ich stieg mit einem seltsamen holen Gefühl aus dem Bett, irgendwas war anders, die unwirklichen Bilder der Nacht schwirrten noch durch meinen Kopf, saßen in meinem Bauch. Ich versuchte jetzt alles zu verscheuchen, mit starkem schwarzem Tee und Hirsebrei versuchte ich die Gewissheit zu wegzuschieben das wohl meine geliebte Katze Morgana zu Hause in Berlin bei meinen Eltern gestorben war. Verdammt, ich wollte heute mein Projekt fertig stellen, eine Schneehöhle mit Micha in den großen Haufen dort draußen graben und einziehen! Keine Zeit für traurige Visonen in der Nacht, ich bin nur einmal auf Kamtschatka, ich will hier sein und im Jetzt, schallt es durch meinem Kopf. Aha, Plappermann quatscht mir wieder nen Ohr ab, dachte ich so bei mir als ich meinen Hirsebrei in mich hinein schaufle, als Micha mich aus meinen Gedanken riss und mich fragte wann wir heute raus in den Schnee gehen wollen.
Den Tag über buddelten wir uns in den Schneehaufen und schippten den Schnee wieder heraus...bis am Ende endlich eine schöne geräumige Schneehöhle entstanden war, die wir mit Rentierfellen aus der Jurte auslegten und uns ein gemütliches Nachtlager bauten. Am Nachmittag kam dann unser Parkdirektor mit zwei Polizisten aus Esso auf den Schneemobilen abgebraust und fragte und ob wir ihr einen Mann gesehen hätten, der hätte nämlich vorherige Woche mit zwei seiner Jägerkollegen hier genächtigt und dann im absoluten Vollrausch auf die neue erst vor zwei Wochen installierte Solaranlage die vor dem Inspektorenhäuschen stand geschossen. Dabei hätte dieser beinahe den guten Yuri Nicolaiwitsch getroffen der grade in der Küche am Kochen war als das Projektil durch die Solaranlage schlug und an der Kante der Hütte abprallte.
Wir machen große Augen, das gibt`s doch in keem Russenfilm, nicht mal in nem Dreiteiligen! Doch... wilde wilde east in Kamtschatka direkt auf dem Dimschikanski Kardon! Die nagelneue Solaranlage des Parks, zwei Wochen nach in Beitriebnahme, von nem besoffenen Russen zerballert! Irre! Ich bin beeindruckt, wirklich! Da hilft nur noch Kopfschüttln, und kopfschüttelnd machten wir uns wieder an die Arbeit.
Kurz vor Einbruch der Dämmerung als wir ein paar Felle in unsere Schneehöhle schleppten hörten wir lautes Gerassel und sahen schon von weitem eine schwarze Rauchsäule die immer näher zu kommen schien. Ha, das kann nur ein Vestichood sein der vom Savoij kommt, dem großen Rentierschlachten am Ischinsky Berg. Und tatsächlich zog ein Vestichood mit ca. 15 Leute auf dem Dach einen großen LKW hinter sich her durch das unwegsame Gelände und den Schnee! Ein eigenartiges und martialisches Bild, und es ist laut und stinkt! Unglaublich, so etwas konnte man auch wieder nur in Russland sehen, einen alten Panzer der sich völlig überladen mit einem großen Truck im Schlepptau durch die Wildnis Kamtschatkas pflügt! Heute war aber wieder was los hier am Kardon.
So, richten wir uns für die Nacht ein, aßen noch etwas im Haus, lasen etwas und krochen dann mit einem noch leicht mulmigen Gefühl in unsere geliebte Schneehöhle. Ob die wohl hält, was ist denn wenn die über uns zusammen bricht? Nach ein paar Minuten hatten wir uns akklimatisiert und Plappermann in unseren Köpfen war der Mund zugeklebt worden mit einem schönen breiten Streifen Panzertape! Jedenfalls war das in meiner Vorstellung so. :-)
Nachdem nun niemand mehr in meinem Kopf behauptete unser Bauwerk würde des Nachts über unseren Köpfen zusammenbrechen, schliefen wir selig bis nächsten Morgen. Das Thermometer in der Schneehöhle zeigte ca. 0C° bis -1C° an während es am Morgen draußen – 17C° hatte und durch unseren warmen Hauch der an den Wänden kondensierte war im Inneren unserer Schneehöhle noch eine schöne stabile Eisschicht gewachsen. Na das war doch was...

P.S. Wie wir später erfuhren transportierte das Vestichood was wir sahen exakt 30 Männer, denn ein Zweites war unterwegs liegengeblieben, somit mussten alle auf dieses eine Gefährt umsteigen, welches wir gesehen hatten. Der LKW blieb dann auf dem Steilstück des Hausberges am Dimschikanski zurück, da das Gefährt hoffnungslos überladen war und vor dem Berg zu kapitulieren drohte, Unglaublich!

Als ich am 06. Dezember wieder in Esso ankam und mein Handy wieder Empfang hatte, erreichte mich die traurige Nachricht von meiner Mutter das sich meine Katze Morgana am 03. Dezember in ein neues Leben aufgemacht hatte...

30.November - 02.Dezember, Dimschikanski Kardon, ...Nemezkij Banja!










...Nemezkij Banja!

Wir hatten uns grade Häuslich eingerichtet, die Zuwege z.B. zum Klo, zum Fluss/ Wasserstelle, zu den einzelnen Gebäuden und zu den Holzlagern vom Schnee befreit, da begann es bereits zu dämmern und mit der Dämmerung kam auch schon die Deutsch - Russische Vergnügungsgesellschaft auf Antons Schneemobil samt voll besetzter Narte angeritten, um mit uns gemeinsam ein gemütliches Wochenende in der Jurte zu verbringen und in die Banja zu gehen. Von den Herren der Schöpfung wurde ordentlich Holz gehackt und mächtig eingeheizt und ein paar Minuten später bullerte das alte Ölfass ganz ordentlich bis es mollig warm war in unserer urigen Jurte. Ich bin immer wieder überrascht von dem russischen Einfallsreichtum und dem Improvisationen wenn es darum geht einen Ofen aus den verschiedensten alten Dingen und Materialien zu zaubern. Diesmal war ich sogar außerordentlich positiv überrascht,von dem was unsere Parkmitarbeiter aus dem alten Ölfass zusammengeschweißt hatten. Mit Verlaub gesagt, wer braucht schon einen überteuerten Bullerjan Ofen wenn sich aus einem alten, rostigen Ölfass mit einem Schweißgerät so ein Ofen mit exzellenten Heizwerten zaubern lässt. Niemand, wenn man einen russischen Zauberer als Freund hat! Wir waren alle hoch auf begeistert ( Naja, eigentlich nur der männliche Teil der Nemezkij Fraktion!) ob diesem Wunderwerk der russischen Schweißkunst, nur eben unsere russischen Freunde nicht, denn die kommentierten unsere Lobeshymnen nur mit einem schnöden „Normalna“ was so viel wie wie „Gut“, oder „ist doch ganz normal“ bedeutet.
Es wurde deftiges gebrutzelt, geschmaust, getrunken und gelacht so wie es einer, ja was eigentlich...einer korjakisch-ewenischen Jurte russischer Bauart, eben gebührt und am Ende im letzten Kerzenschein mystische Geschichten und unheimlich Begebenheiten zu besten gegeben während, ganz klassisch der Sturmwind über die Jurte fegte.
Hier drinnen ward ich bei Freunden, fühlte mich sicher und geborgen, wie ein Fuchs in seinem Bau tief unter unter der Schützenden Erde, derweilen im Dunkel der Nacht Großvater Wind mit den Schneeleuten einen wilden Reigen aufführten, an der Türe rüttelten und um den Kamin tanzten. Zwei - drei Wimpernschläge und anderthalb Herzschläge später waren wir des Sitzens müde und krochen auf unser Lager aus Rentierfellen in unsere warmen Schlafsäcke. Bald war die kleine Raupenkolonie in ihren Kokons unter meiner gute Nacht Geschichte eingeschlafen und auch ich fiel bald begleitet durch das pfeifen des Sturms in tiefen Schlaf.
In der Nacht wurde ich wiederholt durch ein fiesen Quietschen der Ofentür und durch aufsteigende Hitzewallungen wach, denn dem guten Anton war kalt und somit legte er in Stundentakt immer wieder Holz nach was bei mir zu Hitzestau und aufsteigendem Unmut führte. Das Spektakel endete erst als die gute Rebecca mildtätig und uneigennützig wie sie war, den armen frierenden Mann unter ihren Schlafsack holte um ihn mit ihrem heißen Körper zu wärmen!;-) An dieser Stelle sei dir Rebecca noch mal von ganzem Herzen gedankt, das du deinen Mitvolontären doch noch eine ruhige Nacht ohne weitere Unterbrechungen beschert hast und mich ganz persönlich davor bewahrt hast noch mehr schlechtes Karma anzusammeln. Denn ich muss zu meiner Schande gestehen war in meinem dämmrigen Halbschlaf bereits dazu geneigt den Störenfried bei der nächsten Gelegenheit mit dem Schürhaken in einen Tiefschlaf zu versetzten.
Am nächsten Morgen strahlte uns die Sonne entgegen und der Himmel war in ein unglaubliches Blau getaucht das seines Gleichen suchte. Nach dem Frühstück wurde zur morgendlichen traditionellen Schneewaschung gebeten, zu welcher nur Drei von uns laut johlend unter den Impressionen von Ronja Räubertochter, in der Lovis die ganze verlauste Räuberbande in den Schnee zum waschen treibt, antraten. Mancher würde diese Erfahrung doch eher als kalt bezeichnen doch ob der guten Laune, der beeindruckenden Bergkulisse und des strahlenden Wetters, empfand ich unsere Morgenwäsche mit gefrorenem Wasser eher als erfrischend und belebend.
Unsere Tagesbeschäftigungen waren nunmehr wieder Massen an Holz zu spalten, die Wege von Schnee zu befreien und Trinkwasser vom kleinen Fluss zu holen. Der Nachmittag stand ganz im Zeichen der Vorbereitungen für das für den Abend angesetzte Schwitzbad. Für diesen ganz besonderen Höhepunkt der Schwitzbäderkultur, auf den sich unsere russischen Freunde schon die ganze Woche freuten und in heller Aufregung waren wie ein paar Teenies, musste noch Holz in die Banja geschleppt und viel, viel Wasser herbeigeschafft werden und ein anständiges Feuer im Ofen geschürt werden. Nun fragt sich er Kenner der russischen Banjakultur bestimmt schon weshalb nun der russische Teil der Vergnügungsgesellschaft so in freudiger Erwartung war, ist doch ein Schwitzbad in der Banja doch vielerorts ein normaler Bestandteil der russischen Kultur?! Nun sein das Geheimnis der Aufregung gelüftet...an diesem denkwürdigen Tag würde es eine Nemezkij Banja geben, in der beide Geschlechter zusammen und auch noch nackt in einem Raume schwitzten würden! Was für die Anhänger der deutschen Saunakultur als recht normal zu betrachten ist, war für unsere russischen Freunde super speziell und sorgte schon weit vor diesem Tage für Aufregung. Also ein aufregender Tag mit einer speziellen Energie, so als ob man etwas ein wenig verbotenes tun würde. Und als das Licht die untergehende Sonne die schönsten Silhouetten über die verschneite Berglandschaft trieb, das Thermometer wieder gen – 21C° viel und aus dem nahen Bystrajafluss langsam die Nebel aufstiegen, bot sich hinter dem Kardon ein viel seltsamer Anblick. Plötzlich war in der Ferne immer lauter werdendes Hundegebell und laute Rufe zu hören als ob jemand eine Herde antreiben würde und beim genauen Blick in die Richtung des Gejohles konnte man in der Dämmerung einen Hundeschlitten erkennen der sich langsam vom Berg auf den Kardon zubewegte und schlussendlich vor unseren Toren zum Stehen kam. Zu unserer noch größeren Verblüffung sprangen da der Pfarrer von Esso, einer seiner sechs Kinder und unser Freund Dima vom Hundeschlitten und machten sich daran die Hundemeute auszuspannen, getrennt an einzeln Pfähle zu binden, ihnen Wasser zu geben. Tja, wer hätte das wieder erwartet, das uns heute noch solcher Besuch ins Haus stehen würde. Fix war Chai aufgesetzt und die Gäste in die im Kerzenschein erstrahlende warme Jurte gebeten, währen der Rest sich weiter um die Vorbereitungen zur „Nemezkij Banja“ bemühte. Gegen Acht Uhr war es dann soweit, die Banja und das Wasser heiß, die Hunde wieder angespannt und der Pfarrer samt Dima und Sohn wieder vom Hof geritten, und wir im Vorraum der Banja verschwunden um uns mal wieder richtig durch heizen zu lassen!
Es wurde ein lustiges, unverkrampftes, Schwitzbad und ein wunderschöner Abend mit Birkensudaufgüssen, Schneebädern zur Abkühlung, den traditionellen durchblutungsfördernden Schlägen mit der Birkenrute und natürlich einem leckeren Essen nach dem Schwitzen! Schön...
Ich schlief heute Nacht tief und fest, möglichst fern vom Ofen begleitet vom rhythmischen Nagen unsres neuen Untermieters am Holz, was will man mehr!